Spartakist Nummer 169

Winter 2007/2008

Eine Antwort auf das „Statement zum KfsV“ des Berliner Bündnis für Mumia

Für klassenkämpferische Verteidigung um Mumia zu befreien!

Nachfolgend drucken wir eine Erklärung des Komitees für soziale Verteidigung (KfsV) vom 27. Dezember 2007 ab.

Der Fall des preisgekrönten schwarzen Journalisten Mumia Abu-Jamal hat eine entscheidende Phase erreicht. Schon seit 25 Jahren sitzt Mumia unschuldig im US-Bundesstaat Pennsylvania in der Todeszelle, fälschlich verurteilt für die Tötung des Polizisten Daniel Faulkner. Jetzt, wo jederzeit eine Entscheidung vom Dritten Bundesberufungsgericht der USA zu erwarten ist, haben diejenigen, die Mumia tot sehen wollen, eine Medienhetze gegen ihn entfacht. Im Mittelpunkt dieser Kampagne steht die Veröffentlichung des verlogenen Machwerks Murdered by Mumia, geschrieben von Maureen Faulkner, der Witwe des Polizisten, dessen Mord Mumia angehängt wurde, sowie von dem rechten Radiokommentator Michael Smerconish.

Die Offensive von Faulkner und Smerconish macht erneut sonnenklar, was das Partisan Defense Committee (PDC) und seine internationalen Schwesterorganisationen – in Deutschland das Komitee für soziale Verteidigung (KfsV) – bei unseren Anstrengungen zum Wiederaufbau der internationalen Protestbewegung wiederholt betont haben: Das Komplott gegen Mumia war politisch. Genau wie das rassistische, korrupte Gericht, das ihn in die Todeszelle warf, behaupten sie, Mumias frühere Mitgliedschaft in der Black Panther Party und Unterstützung von MOVE beweise, dass er schon jahrelang plante, einen Polizisten zu ermorden. Ein erfolgreicher Kampf für Mumias Freiheit wäre ein gewaltiger Sieg im Kampf für die Abschaffung der rassistischen Todesstrafe, die ein Erbe der Sklaverei in den USA ist. Mumias Freiheit würde einen Schlag gegen rassistische kapitalistische Unterdrückung weltweit bedeuten.

Als Faulkner und Smerconish am 6. Dezember in der Today-Show der NBC auftraten, schlossen sich unsere Genossen vom PDC zusammen mit anderen Gruppen von Mumias Unterstützern einem Protest der Free Mumia Abu-Jamal Coalition (NYC) an, um den Lügen entgegenzutreten. Als Faulkner und Smerconish versuchten, den Weg für einen legalen Lynchmord an Mumia zu ebnen, riefen außerhalb des NBC-Gebäudes etwa einhundert Demonstranten: „Mumia ist unschuldig! Freiheit jetzt!“ Als der Moderator der Today-Show Fotos vom Tatort zeigte, die kürzlich von Michael Schiffmann gefunden wurden und die das abgekartete Spiel gegen Mumia weiter enthüllen und bestätigen, geriet Smerconish in Rage. (Siehe PDC-Presseerklärung vom 9. Dezember; abgedruckt auf der Rückseite) Nach dem Protest stellte PDC-Anwältin Rachel Wolkenstein fest: Es ist „klar, dass es zwei deutlich abgegrenzte Seiten gibt: jene, die aufgrund Mumias Unschuld für seine Freiheit kämpfen, und die rassistischen Kräfte von ,Recht und Ordnung‘, angeführt von der Fraternal Order of Police, die nach Mumias Hinrichtung lechzen“.

Das ist der Kontext einer verleumderischen Attacke auf das KfsV von einer Gruppe namens Berliner Bündnis für Mumia. Das Bündnis besteht unter anderem aus der Berliner Roten Hilfe, der Gruppe „Freiheit für Mumia Abu-Jamal“ sowie der mit Michael Schiffmann verbundenen Mumia-Hörbuchgruppe. Im November veröffentlichten sie ein „Statement zum KfsV“ (www.mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm), eine antikommunistische Tirade gegen unseren Kampf für eine klassenkämpferische Bewegung für Mumias Freiheit. Aber was ist nur dieses „fortdauernde [...] Problem“, das das Berliner Bündnis zu einer „leider notwendige[n] Abgrenzung zum KfsV“ trieb? Sie greifen uns dafür an, dass wir darauf bestehen, dass Mumia unschuldig ist und Opfer eines rassistischen Komplotts, und für unser „eiserne[s] Bestehen auf der Forderung nach Mumias sofortiger Freilassung“. Wir bekennen uns schuldig im Sinne der Anklage!

Das Bündnis beschwert sich in seinem „Statement“, dass KfsV-Unterstützer im April 2007 an Treffen teilnahmen, um für einen wirklichen Einheitsfrontprotest (d. h. in der Aktion vereint, mit Freiheit der politischen Kritik für alle Beteiligten) am 12. Mai zu kämpfen, auf Grundlage von Forderungen nach Mumias Freiheit. Sie schreiben:

„Darüber hinaus forderten sie, dass das Bündnis lediglich auf der Basis der drei Losungen: Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Freiheit für Mumia! Nieder mit der Todesstrafe! mobilisieren darf, alle Bündnisteilnehmer zur Anerkennung dieser drei Losungen verpflichtet sind und ansonsten jede Gruppe mit eigenen Flugblättern bzw. Aufrufen zu der Demonstration mobilisiert.“

Die obigen Losungen wurden von den Teilnehmern des ersten Treffens am 1. April als Grundlage für eine Demonstration vereinbart. Das wurde dann beim nächsten Bündnistreffen am 10. April durch Sabine Schubert von der Gruppe „Freiheit für Mumia Abu-Jamal“ und durch Vertreter der Hörbuchgruppe zu Fall gebracht. „Mumia ist unschuldig“, so Schubert, sei nicht akzeptabel für Amnesty International. Das Bündnis sagt deutlich: „Hauptstreitpunkt ist die Forderung nach einem neuen, fairen Prozess“, an der es festhält und die wir ablehnen.

Die Forderung nach einem „neuen, fairen Prozess“ ist das Kürzel für ein Programm, auf die Kapitalistenklasse zu vertrauen und ihre Politiker und ihre Gerichte, auf dass sie den Kämpfern für die Unterdrückten Gerechtigkeit gewähren. Während es notwendig ist, dass Mumia alle rechtlichen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, ausnutzt, kann sich die Bewegung für Mumias Freiheit nicht auf dasselbe kapitalistische „Rechts“system verlassen, das ihn in die Todeszelle geschickt hat. Das war in Mumias Fall konkret und unmissverständlich zu sehen. Bei jedem rechtlichen Vorgang seit Mumias Verurteilung haben die Gerichte die Beweise für seine Unschuld und für das staatliche Komplott abgelehnt. Das schließt drei Beweisaufnahme-Anhörungen ein sowie drei Anträge und zwei Berufungen vor dem Obersten Bundesgericht von Pennsylvania, eine beim US-Bezirksgericht eingereichte Habeas-Corpus-Berufung auf Bundesebene, sowie drei Anträge auf Anhörung vor dem Obersten Gericht der USA. Der Staat will, dass Mumia tot oder für den Rest seines Lebens hinter Gittern ist, denn für ihn stellt Mumia die Revolte der Schwarzen dar: ein früherer Black Panther, ein MOVE-Unterstützer und wortgewandter Gegner des US-Imperialismus, die „Stimme der Entrechteten“.

Im Grunde ist die Losung für einen „neuen Prozess“ ein Appell an diejenigen, die Mumias Fall nicht als das Komplott gegen einen Unschuldigen betrachten, sondern als isolierten Justizirrtum. Das Bündnis bemüht sich daher, Mumias Unterstützer einzuschränken auf den liberalen Rahmen des Vertrauens in die kapitalistischen Gerichte und auf Appelle an den liberalen Mainstream à la Amnesty International. Die Forderung nach einem „neuen, fairen Prozess“ als Ausrichtung für die Bewegung für Mumias Freiheit bedeutet, jenen Liberalen die Hand zu reichen, die Mumias Unschuld in Frage stellen; die zufrieden wären, wenn er zu einem lebendigen Tod verdammt würde, und die nur wollen, dass das abgekartete Spiel den Anschein von Fairness und „ordentlichem Prozess“ bekommt. Das Bündnis möchte sich an jene im Mainstream wenden, die in der Justiz-Hölle, durch die Mumia getrieben wurde, einen Schandfleck auf dem Antlitz der amerikanischen „Gerechtigkeit“ oder eine Abweichung von europäischer „rechtsstaatlicher“ Demokratie sehen. Mit den Predigten, das jeweils nächste Gericht würde nun das Gericht sein, das Mumia einen neuen, fairen Prozess machen würde, wurden auch die Jugendlichen und Arbeiter demoralisiert, die sich dem Kampf für Mumia ursprünglich angeschlossen hatten, weil sie in seinem Kampf ihren eigenen Kampf gegen „das System“ sahen, so wie sie es am eigenen Leib erfahren und verstehen.

Nur die Macht einer Massenbewegung mit einer zentralen Arbeiterkomponente kann die kapitalistischen Gerichte dazu zwingen, nachzugeben und Mumia die Freiheit zu gewähren. Um diese Bewegung aufzubauen, müssen wir einen politischen Kampf gegen Illusionen in kapitalistische „Gerechtigkeit“ führen und gewinnen.

Die Arbeit des KfsV steht, wie die unserer internationalen Schwesterorganisationen, in der klassenkämpferischen, nichtsektiererischen Tradition kommunistischer Verteidigungsarbeit. Das ist die Tradition der Internationalen Roten Hilfe der jungen, revolutionären Komintern, und insbesondere der International Labor Defense der 1920er-Jahre in den USA, die von James P. Cannon geführt wurde, einem Mitbegründer der Kommunistischen Partei und Gründer des amerikanischen Trotzkismus. Cannon erklärte im Kontext des Kampfes zur Befreiung der italienischen Anarchisten Sacco und Vanzetti:

„Die eine Strategie ist die Strategie des Klassenkampfes. Sie legt den Schwerpunkt auf die Protestbewegung der Arbeiter in Amerika und allen anderen Ländern. Sie setzt alles Vertrauen in die Macht der Massen und keinerlei Vertrauen in die Gerechtigkeit der Gerichte. Während sie alle gangbaren rechtlichen Schritte befürwortet, ruft sie zu Agitation, Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen auf – zu organisiertem Protest auf nationaler und internationaler Ebene. Sie ruft in dieser brennenden Frage zur Einheit und Solidarität aller Arbeiter auf, unabhängig von gegensätzlichen Ansichten in anderen Fragen.“ („Who can Save Sacco and Vanzetti?“, Labor Defender, Januar 1927)

Das ist das Verständnis, mit dem wir, PDC und KfsV, danach streben, die Massenproteste für Mumia wieder zu entfachen. Das heißt, dieses Verständnis zu Mumias potenziellen Verbündeten zu bringen. Die Verbindung zwischen Mumias Kampf für Freiheit und dem Kampf gegen kapitalistische Unterdrückung ist der Ausgangspunkt für unsere Anstrengungen, Mumias Fall weithin bekannt zu machen. In Deutschland hat das KfsV in der letzten Zeit Mumias Fall zu den Streikposten der GDL-Lokführer getragen, deren Streiks, auf Befehl der Bosse, juristischer Verfolgung durch die Gerichte ausgesetzt waren. Wir intervenierten bei Protesten kurdischer Organisationen, zusammen mit türkischen und deutschen Linken, gegen die Offensive des türkischen Staates gegen die Kurden im Nordirak. Dabei zeigten wir den Zusammenhang zwischen der Verteidigung Mumias, der Opposition zur türkischen Armee und zur US-geführten imperialistischen Besetzung des Irak und der Verteidigung der PKK und anderer kurdischer Organisationen, die von der deutschen und anderen kapitalistischen Regierungen in Europa verboten sind und terrorisiert werden. Wir brachten Mumias Fall zu Protesten von Flüchtlingsgruppen gegen rassistischen Terror und Abschiebungen – die unter der Regierung des kapitalistischen SPD/Linkspartei-Senats gegen die mörderischen Bedingungen in den Abschiebeknästen Berlins kämpfen. Wir zogen die Parallele zu Mumias Fall, als wir die Autonomen und andere Linke verteidigten, die vor, während und nach den Anti-G8-Protesten im Juni 2007 Opfer von Staatsrepression wurden. Zurzeit mobilisieren wir international für Notfallproteste, falls das Dritte Bundesberufungsgericht die Todesstrafe bestätigt oder Mumias Berufungsantrag auf einen neuen Prozess oder eine neue Anhörung ablehnt. In den vergangenen zwei Jahren, seit Mumias Fall ein sogenanntes „beschleunigtes“ Verfahren wurde, was im Mai zur Anhörung durch dieses Gericht führte, haben wir für das Statement „Wir fordern die sofortige Freiheit von Mumia Abu-Jamal – Mumia ist unschuldig!“ weltweit etwa 800 Unterschriften von prominenten Persönlichkeiten und Organisationen gesammelt, insbesondere von Gewerkschaften, die Hunderttausende von Arbeitern repräsentieren.

Man muss kein Marxist sein, um zu verstehen, dass Mumia das Opfer eines rassistischen Komplotts ist. Und tatsächlich bemühen wir uns aktiv darum, Mumias Fall zu Gruppen und Einzelpersonen zu bringen, die politisch sehr weit vom Marxismus entfernt sind. Das ist klar zu erkennen an dem breiten politischen Spektrum, das die Unterzeichner der oben erwähnten PDC-Protesterklärung repräsentieren. Jedoch veranschaulicht Mumias Fall wie kein zweiter heutzutage den rassistischen Charakter und den Klassencharakter des kapitalistischen Staates. Um diese Tatsache zu verschleiern, hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre eine Schar von Liberalen und Reformisten an Mumias Fall angedockt mit dem Ziel, das Entstehen einer Massenbewegung auf den Straßen zu verhindern, in der Schwarze, Immigranten, antirassistische Jugendliche und Gewerkschafter zum Kampf gegen diesen Staat mobilisiert würden. Sie sind politische Hindernisse für eine wirkungsvolle Bewegung für Mumias Freiheit, wie man an der Demobilisierung seit den späten 1990er-Jahren sehen kann, die ein Ergebnis der Unterordnung des Kampfes für Mumias Freiheit unter das Vertrauen in die Gerichte und unter den Ruf nach einem „neuen, fairen Prozess“ ist. Wir wollen diese politischen Hindernisse durch direkte, offene Debatten über die Strategie, die für den Wiederaufbau der Bewegung für Mumia notwendig ist, bekämpfen. Dass wir entlarven, wie die Liberalen und Reformisten den Kampf für Mumias Freiheit untergraben haben, hat uns den Zorn derjenigen eingebracht, die der Perspektive einer klassenkämpferischen Bewegung für Mumias Freiheit feindlich gegenüberstehen.

Das führt uns zurück zum Bündnis und ihrem „fortdauernden Problem“ mit uns. Womit diese Gruppe tatsächlich ein „Problem“ hat – und das wird nach einem schnellen Durchlesen ihres Statements klar –, ist, dass sich offenbar zu viele Leute mit der Arbeit des KfsV im Kampf für Mumias Freiheit identifizieren – Arbeit, die wir seit vielen Jahren machen – und uns zustimmen, dass er das Opfer eines rassistischen Komplotts ist und nie einen einzigen Tag im Gefängnis hätte verbringen sollen. Ein Großteil ihres Anti-KfsV-Gezeters besteht daher aus Gejammer über die Tatsache, dass wir zu einer Kundgebung für Mumia, zu der sie für den 24. April aufgerufen hatten, zu viele Leute mobilisierten!

Warum ist das Bündnis erzürnt? Weil wir auf Mumias Unschuld und auf der Notwendigkeit bestehen, die Beweise zu den Massen zu bringen, die das belegen und das Komplott entlarven. Das Bündnis diskreditiert das eidesstattliche Geständnis von Arnold Beverly, dass er und nicht Mumia Faulkner erschoss, weil es den Charakter des rassistischen kapitalistischen Staates offenbart – und das „vergrault potenziell ansprechbare Menschen“, also Liberale und Sozialdemokraten im Mainstream. Ja, das Bündnis behauptet sogar, Beweise für Mumias Unschuld würden seiner Verteidigung widersprechen:

„Das Festhalten an der Aussage des angeblichen Auftragskillers Arnold Beverly, der sich selbst des Mumia vorgeworfenen Mordes bezichtigt, und das eiserne Bestehen auf der Forderung nach Mumias sofortiger Freilassung widersprechen nicht nur Mumias eigener Verteidigungsstrategie, sondern sind jetzt juristisch wie praktisch völlig aussichtslos.

Das erweckt bei uns den Eindruck, dass es ihnen eigentlich völlig egal ist, ob Mumia aus dem Knast kommt, oder nicht.“

Ja, sie versteigern sich sogar dahin, zu behaupten, Beweise für Mumias Unschuld wären „lebensgefährlich für ihn“! Das ist die „Große Lüge“ in Reinkultur und erinnert daran, wie die Stalinisten in den 1930er-Jahren Trotzki als Agent der Gestapo verleumdeten, weil er für die Mobilisierung der Arbeiterklasse zur Zerschlagung der Nazis kämpfte. Wie Trotzki bemerkte: Selbst Verleumdungen sollten einen Sinn ergeben!

Es ist wirklich unfassbar zu sagen, es würde Mumias eigenen Wünschen widersprechen, wenn man seine sofortige Freilassung fordert und jedes Beweisstück hervorhebt, das seine Unschuld zeigt. In einer eidesstattlichen Erklärung vom 3. Mai 2001 über die Einzelheiten der Geschehnisse in den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981 sagte Mumia selbst: „Ich habe den Polizeibeamten Daniel Faulkner nicht erschossen. Ich hatte mit der Ermordung von Officer Faulkner nichts zu tun. Ich bin unschuldig.“

Und am 12. Juli 1995, dem Tag, an dem der rassistische Richter Albert Sabo ein Aussetzen von Mumias Todesstrafe ablehnte, erklärte Mumia: „Wahre Gerechtigkeit erfordert mehr als ein Aussetzen der Hinrichtung – sie erfordert ein vollständiges Fallenlassen dieser eindeutig politischen Verurteilung! Sie erfordert noch mehr: Sie erfordert die energische Mobilisierung unserer Communities, um einem System zu widerstehen, dass unterdrückerischer ist als das von Südafrika – um diese rassistische Todesstrafe abzuschaffen! Wahre Gerechtigkeit erfordert Freiheit – für alle MOVE-Gefangenen, und alle politischen Gefangenen jedweder Überzeugung! Jetzt!“ (Hervorhebungen im Original)

Was sagt das Bündnis zu diesen Aussagen Mumias? „Widersprechen“ sie seiner „eigenen Verteidigungsstrategie“?

Warum beharren wir auf der Wichtigkeit des Beverly-Beweismaterials, und warum versucht das Bündnis, es zu diskreditieren? In einer 2001 eingereichten eidesstattlichen Erklärung führte PDC-Anwältin Rachel Wolkenstein genau aus, wie Beverlys Geständnis mit den vielen anderen Beweisstücken zusammenpasste, die das Komplott entlarven:

„Beverlys Geständnis bewies nicht nur Jamals Unschuld, sondern deckte auch das Ausmaß von bewusstem Fehlverhalten seitens Polizei und Staatsanwaltschaft auf bei der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung Mumia Abu-Jamals und der Festsetzung der Todesstrafe für ein Verbrechen, das er nicht begangen hatte. Beverlys Darstellung der Erschießung stand nicht allein, sondern wurde durch eine Fülle von Informationen in den Akten untermauert... Beverlys Darstellung, er sei gedungen worden, Officer Faulkner zu töten, stand im Einklang mit der Tatsache, dass mindestens drei FBI-Ermittlungen wegen Polizeikorruption im Stadtbezirk Center City, wo Faulkner zur Zeit seiner Ermordung Dienst tat, im Gange waren und dass mindestens ein weiterer Informant dieser Ermittlungen ermordet wurde. Beverlys Darstellung der Schießerei passte auch besser zu den vorhandenen Sachbeweisen als das Szenario der Staatsanwaltschaft über die Schießerei (welches sachlich unmöglich war). Darüber hinaus trug die Behauptung, Polizisten hätten Beverly angeheuert (zusammen mit der politischen Voreingenommenheit der Polizei gegenüber Jamal), dazu bei, das krasse Fehlverhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft, das den Fall durchzog, zu erklären.“ (KfsV-Broschüre Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal, Dezember 2006)

Letztlich zeigt das Beverly-Beweismaterial, dass Mumia nicht das Opfer eines einzelnen bösen Bullen, schlechten Staatsanwalts oder rassistischen Richters war, sondern das Opfer eines ganzen „Rechts“systems in dem die Polizei, Staatsanwälte und Gerichte arbeiten, um die Klasseninteressen der kapitalistischen Herrscher zu verteidigen. Einige werden das verstehen – man denke an die Erfahrungen mit dem bürgerlichen Staat in Deutschland, die die RAF-Gefangenen machen mussten; die PKK und andere kurdische Organisationen; die streikenden GDL-Lokführer; man erinnere sich an den Fall des afrikanischen Flüchtlings Oury Jalloh, der im Januar 2005 in einer Polizeizelle in Dessau lebendig verbrannte, während er an Händen und Füßen gefesselt war. Der bürgerliche Staat ist nicht neutral, sondern das besondere Werkzeug der Kapitalistenklasse, um die Arbeiterklasse und Unterdrückten niederzuhalten. Dieses Verständnis ist entscheidend, um eine mächtige Bewegung für die Freiheit Mumia Abu-Jamals aufzubauen. Die Rolle der reformistischen und kleinbürgerlichen Linken à la Hörbuchgruppe/Berliner Bündnis ist es, Mumias Unterstützer daran zu hindern, dieses Verständnis zu gewinnen.

Das führt sie dazu, das Beverly-Beweismaterial zu diskreditieren und sogar zu lügen, Mumia selbst würde es ablehnen. Das Beverly-Beweismaterial wurde 2001 von Mumia beim Bundesstaatsgericht von Pennsylvania und beim US-Bundesgericht eingereicht. Es waren dieselben Gerichte, die ablehnten, das Beverly-Beweismaterial auch nur anzuhören. Mumia ist vollständig über die gesamte Arbeit des PDC informiert, und er hat nichts dagegen einzuwenden. Für die Veranstaltung des KfsV im Mai 2007 in Berlin, auf der Rachel Wolkenstein sprach, schickte er Grüße. Die Lüge passt zu den Verleumdungen gegen das PDC und Rachel Wolkenstein, die Beverly zusammen mit PDC-Anwalt Jon Piper ursprünglich ausfindig machte und 1999 sein Geständnis aufnahm. In einem Radio-Interview vom 10. Oktober 2007 im Jugendradio des Offenen Kanals Berlin behauptet ein Mitglied des Bündnisses, dass Wolkenstein von Mumia gefeuert wurde, „2002, glaub ich“. Wolkenstein und Jon Piper arbeiteten beide von 1995 bis 1999 in Mumias Verteidigerteam. Dann zogen sie sich aus dem Team zurück, weil der Hauptanwalt Leonard Weinglass sich weigerte, das Beverly-Geständnis und andere entscheidende Beweise für Mumias Unschuld dem Gericht vorzulegen. Mumia hat Wolkenstein nie gefeuert. Weinglass und Williams dagegen hat er 2001 gefeuert, nachdem er von Dan Williams’ Veröffentlichung des Buches Executing Justice erfuhr. Das Buch war ein nicht autorisierter und verlogener Bericht über die rechtliche Verteidigung und nannte das Beverly-Geständnis „verrückt“ und jeden Versuch, es zu benutzen „reinen Irrsinn“. Williams Buch war die alleinige Grundlage der Argumente, die die Staatsanwaltschaft benutzte, um das Beweismaterial vom Gericht auszuschließen! Heute stützen sich Maureen Faulkner und Michael Smerconish wesentlich auf eben dieses Buch, um nach Mumias Blut zu schreien.

Die Hörbuchgruppe/Berliner Bündnis haben offenbar ein paar Schwierigkeiten, die Linie vom „neuen, fairen Prozess“ für Mumia zu verkaufen. Das erklärt den schrillen Ton ihres Statements und ihre Beschwerden, unsere Argumente gegen die Strategie von Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte hätten unter Linken für „Verwirrung“ gesorgt. Die Denunzierung unseres „eiserne[n] Bestehen[s] auf der Forderung nach Mumias sofortiger Freilassung“ klingt umso merkwürdiger, wenn man bedenkt, dass der Aufruf des Berliner Bündnisses zu einer Kundgebung für Mumia am 8. Dezember 2007 selbst forderte „Mumia sofort freizulassen“. Darüber hinaus wies ein Sprecher einer Soligruppe für Leonard Peltier am 8. Dezember darauf hin, dass Peltier aus den USA floh, weil er wusste, dass er niemals einen fairen Prozess bekommen würde. Tatsächlich schmort er noch heute, ernsthaft erkrankt, im Gefängnis – Freiheit für Leonard Peltier!

Um die Zweifel vieler Mumia-Unterstützer zu lindern, die die Forderung nach einem „neuen Prozess“ nicht mögen, vermischen sie absichtlich juristische Eingaben mit der Mobilisierung einer kämpferischen Massenbewegung. Aber selbst auf rein rechtlicher Ebene ist es einfach falsch zu behaupten, Mumias einzige Chance freizukommen, läge in einem neuen Prozess. Wie Wolkenstein bei der KfsV-Veranstaltung am 12. Mai 2007 ausführte, ist Mumias Fall nur so von Fehlverhalten der Staatsanwälte, von Unterdrückung von Unschuldsbeweisen usw. durchzogen, dass es von einem rein juristischen Standpunkt aus reichlich rechtliche Voraussetzungen gibt, die Anklagen fallenzulassen. Selbst frühere rechtliche Dokumente als Wolkenstein Nebenanwältin in Leonard Weinglass’ Team war, enthielten Mumias rechtliche Eingaben die Forderung nach dem Fallenlassen der Anklagen. Der ehemalige Black Panther Geronimo Pratt verließ 1997 nach 27 Jahren die Gefängnishölle als freier Mann, als das Gericht seine abgekartete Verurteilung aufhob, weil die Staatsanwaltschaft Beweise verheimlicht hatte. Rubin „Hurricane“ Carter bekam 1976 einen „neuen Prozess“ und wurde, auf der Grundlage der erlogenen Aussagen zweier Kleinkrimineller, von einer sorgfältig ausgewählten Jury aus zehn Weißen und zwei Schwarzen zum zweiten Mal verurteilt. Wäre die bürgerliche Justiz nicht voreingenommen in Bezug auf Klasse und Rasse, wäre die bürgerliche Justiz „fair“ und „unparteiisch“ – Mumia wäre schon vor langer Zeit aus dem Gefängnis entlassen worden. Ja, er hätte nicht einen einzigen Tag im Gefängnis verbracht.

Die Alternative zum Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte ist klassenkämpferische Verteidigung. Der einzige Weg wie Mumia Gerechtigkeit widerfahren wird, ist, dass die Gerichte die Macht einer Massenbewegung fürchten und insbesondere die Macht der Arbeiterbewegung, für Mumias Freiheit zu streiken. Um dort hinzukommen, braucht es vor allem einen politischen Kampf, gegen genau die Illusionen in das kapitalistische „Rechts“system, die sich im Ruf nach einem „neuen, fairen Prozess“ ausdrücken. Der Ruf nach einem neuen Prozess ist Ausverkaufspolitik, ein Verrat an allem, wofür Mumias Fall steht.

In Berlin bedeutet die Unterordnung des Kampfes für Mumias Freiheit unter den Mainstream die Unterordnung unter die Spitzen von SPD und Linkspartei, die als Regierungsparteien die kapitalistische Staatsmaschinerie verwalten. Selbst dann, wenn über die Realität des rassistischen Terrors und von Abschiebungen gegen Flüchtlinge gesprochen wird, wie bei der Kundgebung des Berliner Bündnisses am 8. Dezember 2007 in einem Redebeitrag, der die antirassistische Kampagne DE*FENCE vorstellte, wird die SPD/Linkspartei-Regierung nicht beim Namen genannt, die die Befehle gibt und gerade erst das drakonischste Polizeigesetz des Landes verabschiedet hat, kurdische Demonstrationen verboten hat usw. Die Strategie des Vertrauens auf die kapitalistischen Gerichte ist entgegengesetzt dazu, die türkischen, arabischen und kurdischen Jugendlichen, die die Zielscheibe der tagtäglichen rassistischen Verfolgung durch die Polizei des Berliner Senats sind oder die Arbeiter im Öffentlichen Dienst, deren Tarifverträge von dieser Regierung zerfetzt wurden, mit dem Verständnis zu mobilisieren, dass Mumias Kampf für Freiheit mit dem Kampf gegen ihre eigene Unterdrückung verknüpft ist.

Das Bündnis erachtet „Klassenkampf“ als etwas vergangenes und utopisches und schimpft schon über die bloße Erwähnung von „Klassen“. Für sie ist eine Ausrichtung auf die „Arbeiterklasse, die dem Henker in den Arm fallen“ kann, schon fast kommunistisch. Mit ihrem Einstimmen in den Chor vom „Tod des Kommunismus“, dass Klassenkampf utopisch und die Geschichte zu Ende ist usw., geben sie nur die vorherrschende bürgerliche Ideologie wieder, die seit der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion und der deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas auf dem Vormarsch ist. Darauf spielen sie auch mit ihren antikommunistischen Andeutungen an, dass der „,Background‘ [des KfsV] in Teilen der Linken nicht bekannt zu sein scheint bzw. sie ihn zu verschleiern versuchen.“ Das bezieht sich offenkundig darauf, dass der Zweck des KfsV den politischen Ansichten der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands entspricht, wie wir auf jeder KfsV-Publikation „verschleiern“ – d. h. schriftlich für jeden sichtbar erklären! Das klingt ganz wie die Hexenjagd von CDU/CSU, SPD-Mitgliedern und Springer-Presse gegen die neu ernannte Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel wegen ihrer Mitgliedschaft in der „links-extremistischen“ Organisation Rote Hilfe. Drohsel löste ihr Problem, indem sie aus der Roten Hilfe austrat. Wie steht die Rote Hilfe zum Antikommunismus des Berliner Bündnis gegen Linke?

Da sie sich darüber Sorgen machen, geben wir gerne einige Höhepunkte unseres „Backgrounds“ wieder, die Interessierte sämtlich in unseren Veröffentlichungen finden können. Das KfsV entsprang einer vom PDC in den USA begonnenen internationalen Kampagne in den späten 1980er-Jahren, Hilfe für die belagerten Kämpfer Jalalabads in Afghanistan zu organisieren, die gegen die Mörderbanden der Mudschaheddin aushielten, die von der CIA und anderen imperialistischen Agenturen als Teil ihres zweiten Kalten Krieges zur Zerstörung der Sowjetunion bewaffnet und finanziert wurden. Später, in den 1990er-Jahren, verteidigte das KfsV ehemalige SED- und PDS-Mitglieder und andere Opfer der antikommunistischen Hexenjagd im Gefolge der kapitalistischen Wiedervereinigung. Und selbstverständlich ist das KfsV mit den Spartakisten und der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten) verbunden, die 1989/90 gegen den kapitalistischen Ausverkauf der DDR und für ein Rotes Rätedeutschland kämpften. Und als Teil unseres Kampfes gegen kapitalistische Wiedervereinigung brachten wir Mumias Fall in die DDR. Seit 1987 haben wir den Kampf für Mumias Freiheit weltweit aufgenommen, als Teil des Kampfes für vereinte, klassenkämpferische Verteidigung aller arbeitenden Menschen. Mumia ist unschuldig! Freiheit für ihn, sofort! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!