Spartakist Extrablatt

23. Juni 2007

Klassenkämpferische Verteidigung kontra Vertrauen in kapitalistische Justiz

David Lindorffs Killing Time, Michael Schiffmanns Wettlauf gegen den Tod:
Unterminierung von Mumias Kampf um Freiheit

Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Worker Vanguard Nr. 892, 11. Mai, Zeitung der Spartacist League/U.S., Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga. Die Zitate aus Wettlauf gegen den Tod sind übersetzt aus der englischen Version des Buchs von Schiffmanns Website (Mai 2007), da die deutsche Version von dieser abweicht.

Nach der für den 17. Mai festgesetzten mündlichen Anhörung im Fall von Mumia Abu-Jamal vor dem Dritten Bundesberufungsgericht der USA stellt sich die Frage des Kampfes für die Freiheit dieses Klassenkriegsgefangenen mit äußerster Dringlichkeit. Dies könnte gut die letzte Berufung für Mumia sein, einen unschuldigen Mann, der aufgrund der falschen Anklage verurteilt wurde, am 9. Dezember 1981 den Polizisten Daniel Faulkner aus Philadelphia getötet zu haben. Seit mehr als 25 Jahren fordern Bullen, Staatsanwälte, bürgerliche Politiker und ihre Medienschakale lautstark seinen Tod, weil sie in Mumia – in seiner Jugend Sprecher der Black Panther Party und später MOVE-Unterstützer, ein Journalist, der kein Blatt vor den Mund nimmt und über revolutionäre Veränderung spricht – das Gespenst der schwarzen Revolution sehen. Die Kräfte von „Recht und Ordnung“ im Kapitalismus wollen Mumia umbringen oder ihn lebendig im Gefängnis begraben, nicht nur um ihn zum Schweigen zu bringen, sondern auch um Jugendliche aus Minderheiten, Gewerkschaftsmilitante, Linke und jeden, der es wagen sollte, sich ihrem System von Ausbeutung und rassistischer Unterdrückung zu widersetzen, eine Botschaft zukommen zu lassen.

Mumias Verurteilung und Todesurteil waren das Ergebnis eines politisch motivierten und rassistischen Komplotts, die Fortsetzung des Rachefeldzugs des Staates gegen die Black Panther Party, in dessen Verlauf 38 Panthers ermordet und Hunderte weitere unter abgekarteten Beschuldigungen verhaftet wurden, sowie Teil eines ganzen Schwalls von Komplotten und regelrechtem Terror gegen die MOVE-Organisation. Polizei und Staatsanwaltschaft schreckten bei ihrem Vorgehen gegen Mumia vor nichts zurück – Einschüchterung von Zeugen, Unterdrückung und Fälschung von Beweismaterial für Mumias Unschuld, konzertierte Kampagnen gegen jeden, der für die Verteidigung Mumias einsteht.

Bei jedem rechtlichen Schritt seit Mumias Verurteilung haben die Gerichte das Beweismaterial für seine Unschuld und für das staatliche Komplott abgewiesen. Zum Beispiel bei drei Anhörungen zur Beweisaufnahme, drei Anträgen und zwei Berufungen vor dem Obersten Gerichtshof des Staates Pennsylvania, bei einer Habeas-Corpus-Petition vor dem US-Bundesbezirksgericht und bei drei Eingaben vor dem Obersten Gerichtshof der USA. Gegen die Aufhebung von Mumias Todesurteil im Dezember 2001 durch Richter William Yohn vom US-Bundesbezirksgericht wurde von der Staatsanwaltschaft sofort Berufung eingelegt. Mumia bleibt weiter in der Todeszelle, was er seit über einem Vierteljahrhundert erleiden muss.

Die Geschichte von Mumias Rechtsfall ist eine aus dem Leben gegriffene Bestätigung der marxistischen Auffassung vom bürgerlichen Staat und seinen Gerichten als Repressionsorgane gegen die Werktätigen und Unterdrückten. Sie sind nicht neutral, sondern dienen der herrschenden Kapitalistenklasse und ihrem Profitsystem und schützen sie. Es gibt keine Gerechtigkeit vor den kapitalistischen Gerichten für diejenigen, die sich diesem System und seinen vielfältigen Gräueln widersetzen und ihnen die Stirn bieten.

Es war internationaler Massenprotest nötig – ein Protest, der als entscheidende Kraft Gewerkschafter einbezog –, um im August 1995 dem Henker in den Arm zu fallen. Wie die Spartacist League und das Partisan Defense Committee wiederholt betont haben, ist es jetzt nötig, solche Massenproteste wieder anzufachen, unter der Losung für Mumias Freiheit, auf der Grundlage des Verständnisses, dass er unschuldig und Opfer eines rassistischen politischen Komplotts ist.

Diese Aufgabe erfordert nicht nur die Bekämpfung der bürgerlichen Medien, die pflichtschuldigst jede vom Büro des Bezirksstaatsanwalts in Philadelphia und der Ordensbruderschaft der Polizei (FOP) aufgetischte Lüge nachbeten. Sie verlangt auch, jene zu entlarven, die vorgeben Mumia zu unterstützen, aber das massenhafte Beweismaterial für seine Unschuld und für das staatliche Komplott verunglimpfen. Repräsentativ für diese Sorte von Leuten sind David Lindorff, Autor von Killing Time: An Investigation Into The Death Row Case of Mumia Abu- Jamal (Common Courage Press, 2003), und Michael Schiffmann, Autor von Wettlauf gegen den Tod (2006, im Internet erhältlich als Race Against Death, was aber nicht wörtlich identisch mit dem deutschen Text ist. Daher mussten einige der nachfolgenden Zitate, die aus der englischen Version entnommen wurden, übersetzt werden.)

Beide Autoren verwerfen das beeidete Geständnis von Arnold Beverly, er und nicht Mumia habe Faulkner erschossen, und ziehen Mumias eigene Erklärung, dass er nichts mit der Erschießung zu tun habe, in Zweifel. Schiffmann hat das Beverly-Beweismaterial als „spalterisch“ und „ablenkend“ denunziert, während Lindorff intoniert, dass es ein Risiko darstelle, es vorzubringen, weil dadurch potenzielle Unterstützer für Mumia verprellt werden könnten. Im Endeffekt plädieren sie für einen neuen, „fairen“ Prozess durch dasselbe Rechtssystem, das Mumia in die Todeszelle beförderte. So dienen diese Bücher, die daherkommen als „Exposés“ in Mumias Interesse, dazu, den Kampf für Mumias Freiheit zu untergraben.

Verschiedene reformistische linke Gruppen – von der Workers World Party (WWP) über die International Socialist Organization (ISO) bis zu Socialist Action (SA) – haben entweder eines oder beide dieser Bücher ins Herz geschlossen und das nicht ohne Grund. Jede dieser Organisationen ist mit denselben Illusionen in die kapitalistische „Gerechtigkeit“ hausieren gegangen und hat so eine Demobilisierung der Massenprotestbewegung für Mumia betrieben, die jetzt wieder neu belebt werden muss.

Beweise der Unschuld: ein heißes Eisen

Beide Bücher, sowohl Lindorffs als auch Schiffmanns, liefern ein recht umfassendes Bild von den Löchern in der Argumentation der Anklage, von der Fälschung von Beweisen und der Nötigung von Zeugen, von der Befangenheit, vor der Richter Albert Sabo während Mumias Prozess 1982 aus jeder Pore triefte. Killing Time schildert drastisch die rassistische Geschworenenauswahl während des Prozesses und Wettlauf gegen den Tod präsentiert Ballistiken und andere Beweise, die den lügnerischen Polizeibericht darüber, wie Mumia angeblich Faulkner erschossen habe, widerlegen.

All dies und noch mehr war lange zuvor schon als Tatsache etabliert, in erster Linie aufgrund der Ermittlungsarbeit von Rachel Wolkenstein, Anwältin für das Partisan Defense Committee und, zusammen mit Jonathan Piper vom PDC, Mitglied von Mumias Rechtsanwaltsteam von 1995 bis 1999. Wolkenstein und Piper kämpften wiederholt im Verteidigerteam darum, Beweise für das Polizeikomplott und für Mumias Unschuld vorzulegen. Man brauchte eigentlich kein marxistisches Verständnis über den kapitalistischen Staat und sein Rechtssystem, um in so einem Fall, der ein so offensichtliches Komplott und darüber hinaus ein so sehr mit rassistischer Voreingenommenheit und politischen Motiven aufgeladenes Komplott ist, dem Beweismaterial nachzugehen. Eine detaillierte Darstellung dieses Beweismaterials enthält Wolkensteins eidesstattliche Erklärung von 2001, die von Mumias Anwälten zu dieser Zeit, Marlene Kamish und Eliot Grossman, sowohl beim Staatsgerichtshof von Pennsylvania als auch beim US-Bundesgerichtshof vorgelegt wurde. Die eidesstattliche Erklärung wurde zusammen mit Beverlys Geständnis von 1999 und anderen entscheidenden Dokumenten abgedruckt in der Broschüre des Komitees für soziale Verteidigung (KfsV): Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal – Mumia ist unschuldig! (Dezember 2006; eine erste Auflage der vom PDC herausgegebenen englischen Broschüre erschien im September 2001).

Doch während die Bücher von Lindorff und Schiffmann sich stark auf diese Arbeit stützen (was sie nicht erwähnen), ist ihr Hauptzweck, die Tatsache von Mumias Unschuld zu untergraben, ebenso wie das Ausmaß und die Tiefe des Komplotts, ausgeführt von den Kräften des Staates, die ihn tot sehen wollen. In der Frage von Leben und Tod, ob Mumia Faulkner erschossen hat, antworten beide mit Ausflüchten. Lindorff schreibt, er würde hinsichtlich der Anklage wegen Mordes erster Ordnung gegen Mumia „zur Unschuld neigen“, fügt aber hinzu: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass Mumia Abu-Jamal einfach nur ein argloser Zuschauer war.“ Auf die Frage, ob Mumia Faulkner erschossen hat, kommt er zu dem Schluss: „Die Antwort hat zu lauten möglicherweise.“ Während Schiffmann erklärt, dass Mumia an dem Mord unschuldig ist und auf Kenneth Freeman als den Schützen hinweist, lässt er doch die Möglichkeit offen: „selbst wenn Abu-Jamal den Schuss abgefeuert hätte, der Faulkner tötete, so tat er das in Notwehr“.

Lindorff greift Mumias eigene Erklärung an, die lautet: „Ich habe den Polizeibeamten Daniel Faulkner nicht erschossen. Ich hatte mit der Ermordung von Officer Faulkner nichts zu tun. Ich bin unschuldig“. Schiffmann tut dasselbe implizit.

Beide Autoren verwerfen recht explizit das Geständnis von Arnold Beverly. In einer eidesstattlichen Erklärung von 1999 gab Beverly an: „Ich wurde zusammen mit einem anderen Typen angeheuert und bezahlt, Faulkner zu erschießen. Ich hatte gehört, Faulkner sei ein Problem für den Mob [Mafia] und korrupte Polizisten, weil er störte bei den Schmier- und Bestechungsgeldern, mit denen erkauft wurde, dass illegale Aktivitäten wie Prostitution, Glücksspiel und Drogen im Stadtzentrum nicht strafrechtlich verfolgt wurden.“ Wie Wolkenstein in ihrer eidesstattlichen Erklärung von 2001 darlegte:

„Beverlys Geständnis bewies nicht nur Jamals Unschuld, sondern deckte auch das Ausmaß von bewusstem Fehlverhalten seitens Polizei und Staatsanwaltschaft auf bei der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung Mumia Abu-Jamals und der Festsetzung der Todesstrafe für ein Verbrechen, das er nicht begangen hatte. Beverlys Darstellung der Erschießung stand nicht allein, sondern wurde durch eine Fülle von Informationen in den Akten untermauert… Beverlys Darstellung, er sei gedungen worden, Officer Faulkner zu töten, stand im Einklang mit der Tatsache, dass mindestens drei FBI-Ermittlungen wegen Polizeikorruption im Stadtbezirk Center City, wo Faulkner zur Zeit seiner Ermordung Dienst tat, im Gange waren und dass mindestens ein weiterer Informant dieser Ermittlungen ermordet wurde. Beverlys Darstellung der Schießerei passte auch besser zu den vorhandenen Sachbeweisen als das Szenario der Staatsanwaltschaft über die Schießerei (welches sachlich unmöglich war). Darüber hinaus trug die Behauptung, Polizisten hätten Beverly angeheuert (zusammen mit der politischen Voreingenommenheit der Polizei gegenüber Jamal), dazu bei, das krasse Fehlverhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft, das den Fall durchzog, zu erklären.“

Lindorff zufolge stellt Beverlys Geständnis „Leichtgläubige auf eine harte Probe“. Schiffmann erzählt, dass er anfänglich dazu neigte, das Geständnis zu glauben, aber unter dem Einfluss von Lindorff und anderen dazu gebracht wurde, die Darstellung als „auf unlogische Art verwickelt und komplex“ abzulehnen (während er einräumt, dass die Gerichte dieses Beweismaterial zumindest hätten anhören sollen). Damit treten die Autoren in die Fußstapfen von Dan Williams. Im Jahre 2001 veröffentlichte Dan Williams, der damals zusammen mit Hauptanwalt Leonard Weinglass in Mumias Rechtsanwaltsteam arbeitete, eine nicht autorisierte und erlogene Darstellung der Verteidigung unter dem passenden Titel Executing Justice [Gerechtigkeit ausüben oder sie exekutieren – oder aber Gerechtigkeit, die exekutiert]. Williams sagte Weinglass, sein Buch sei ein „Präventivschlag“ dagegen, dass das Beverly-Geständnis – das sie schon zwei Jahre lang unterdrückt hatten – je zur Verteidigung Mumias vor Gericht verwendet werden könnte.

Er bezeichnete das Geständnis als „verrückt“ und jeden Versuch, es zu benutzen, als „echten Wahnsinn“, und so dienten Williams Behauptungen in seinem Buch als einzige Grundlage für die Argumentation der Staatsanwaltschaft zum Ausschluss dieses Beweismaterials vor Gericht. Mumia feuerte Williams und Weinglass, als er von der Veröffentlichung des Buches erfuhr, in dem Williams ungeheuerlicherweise auch noch versuchte, Mumia als Komplizen bei der Begrabung des Beverly-Geständnisses hinzustellen. Die Lüge, dass Mumia das Beverly-Geständnis zurückgewiesen habe, wurde in einem Socialist-Action-Artikel (April 2001) von Jeff Mackler nachgebetet. Dank Williams’ Verrat wiesen die Gerichte das Beverly-Geständnis pauschal ab, und die Bullen und Staatsanwälte mussten nie versuchen, es zu widerlegen. Und sie konnten es auch nicht widerlegen, da Beverlys Geständnis Licht auf das ganze Netzwerk von Bullenkorruption wirft, das zur Verurteilung einer Anzahl von Polizeibeamten und Vorgesetzten geführt hat.

Warum sollten Lindorff und Schiffmann, zwei selbsternannte Fürsprecher Mumias, Williams darin folgen, über das Beverly-Geständnis herzufallen und der Staatsanwaltschaft die Arbeit abzunehmen? Der Grund dafür ist, dass das Beverly-Geständnis zeigt, dass Mumia nicht das Opfer eines einzelnen schurkischen Bullen, üblen Staatsanwalts oder rassistischen Richters war, sondern Opfer eines ganzen „Rechts“systems, in dem die Bullen, Staatsanwälte und Gerichte im Dienste der Aufrechterhaltung der Klasseninteressen der kapitalistischen Herrscher tätig sind. Dieses marxistische Verständnis ist dem liberalen Lindorff und dem anarcho-liberalen Schiffmann ein Gräuel, sie schließen genau das „Rechts“system ins Herz, das auf allen Ebenen erklärt hat, wie schon in dem berüchtigten Dred-Scott-Fall, dass Mumia keine Rechte besitzt, die es zu respektieren hat.

Liberale und die kapitalistische „Recht“sprechung

Lindorff, dessen Kolumnen in CounterPunch und Nation erscheinen, schmäht diejenigen, die überzeugt sind, dass Mumia mit der Erschießung Faulkners nichts zu tun hat, als „wahre Gläubige“, eine abgegriffene antikommunistische Beschimpfung. Er setzt in empörender Weise diejenigen, die „absolut überzeugt“ sind von Mumias Unschuld, mit der FOP gleich, die nach Mumias Blut schreit, wenn er sagt, dass „eine der beiden bitter verfeindeten Seiten möglicherweise im Recht ist, doch ich habe meine Zweifel bei beiden“.

Dennoch hat sich Lindorff auf der liberalen Linken eine kleine Berühmtheit als „unabhängige“ Autorität für Mumias Fall geschaffen, an die Brust gedrückt von Reformisten wie der ISO, die für Killing Time schwärmten, weil es „die Schwachstellen in Mumias Fall aufdeckt“ (Socialist Worker, 16. Dezember 2005). Die Website von Refuse & Resist, verbunden mit der Revolutionary Communist Party (RCP), veröffentlicht Artikel von Lindorff, den sie ebenfalls als Autorität zu Mumias Fall preisen, und Lindorff wird bei „Writers for Mumia“ [Schriftsteller für Mumia] am 12. Mai sprechen, eine Veranstaltung, die vom International Action Center der WWP und der Free Mumia Abu-Jamal Coalition aus New York City gesponsort wird.

Im Nachwort zu Killing Time stellt Lindorff klar, dass die Frage für ihn nicht ist, ob Mumia „,es getan hat‘, sondern ob er einen fairen Prozess und eine faire Berufung für sein Urteil erhalten hat“. Mumias Fall, schreibt er, „ist nichts weniger als ein Test des amerikanischen Rechtssystems“. In Wirklichkeit ist Mumias Fall ein Zeugnis für die rassistischen und politischen Komplotte, die integraler Teil des kapitalistischen „Rechts“systems sind. Es sind keine Anomalien, die das Ansehen der US-Demokratie beschmutzen, wie Lindorff und andere Liberale gerne glauben machen wollen, sondern sind genau so Teil des Gefüges des bürgerlichen Staates wie die Folterkammern in den Gefangenenlagern von Abu Ghraib und Guantánamo. Wo Killing Time für einen „fairen Prozess“ für Mumia plädiert, verwendet Wettlauf mit dem Tod viel Platz darauf, Berühmtheiten und andere zu loben, die fordern, dass Mumia einen neuen Gerichtstermin bekommen soll.

Beide Bücher dienen jenen als Werkzeug, deren Strategie sich um die Forderung nach einem neuen Prozess dreht. Seit Jahren ist diese Forderung das Kernstück der von den reformistischen Linken organisierten Protestaktionen, die zuweilen als Beigabe noch Mumias Freiheit fordern. Auf einem „Emergency Leadership Summit Meeting“ [Notfall-Führungsgipfel] von 1999 beschlossen Repräsentanten einiger reformistischer linker Gruppen – SA, WWP, Solidarity, Refuse & Resist von der RCP – zusammen mit International Concerned Family and Friends of Mumia Abu-Jamal und anderen eine Strategie und Losungen für die „Millionen-für-Mumia“-Demonstrationen am 24. April und darüber hinaus. Angesichts des reichlichen Beweismaterials für Mumias Unschuld und genauso viel Beweismaterials für die abgekarteten Methoden, mit denen man ihn in die Todeszelle beförderte, hätte es eigentlich außer Frage stehen sollen, dass eine Bewegung zu seinen Gunsten die Forderung nach seiner Freiheit erhebt, genauso wie frühere Generationen um die Losungen „Freiheit für die Scottsboro Boys!“ und „Freiheit für Angela Davis!“ mobilisiert wurden. Doch nach einer Debatte wurde die Losung „Freiheit für Mumia“ und Opposition gegen die Todesstrafe abgelehnt zugunsten des Rufs nach einem neuen Prozess, um „den amerikanischen Mainstream“ zu erreichen. Für die Reformisten, die ein Bündnis der Klassenzusammenarbeit mit Politikern der Demokratischen Partei und anderen bürgerlichen Liberalen schmieden wollten, umfasste dieser „Mainstream“ auch diejenigen, die sich in der Frage von Mumias Unschuld nicht festlegen wollten.

Im Grunde ist die Losung für einen „neuen Prozess“ ein Appell an Liberale, die Mumias Fall nicht als ein Komplott gegen einen Unschuldigen, sondern als ein isoliertes „Fehlverhalten der Justiz“ ansehen. Das von WWP, RCP, ISO, SA usw. vertretene Programm verschleiert das wahre Gesicht der bürgerlichen Demokratie, die nichts anderes darstellt als die Diktatur der Kapitalistenklasse. In Lehren des Oktober (1924) wies Leo Trotzki, zusammen mit W. I. Lenin Führer der Russischen Revolution vom Oktober 1917, auf die Rolle derartiger Reformisten bei der „Erziehung der Massen zur Anerkennung der Unantastbarkeit des bürgerlichen Staates“ hin. Das ist genau die Rolle der reformistischen „Sozialisten“, die sich auf die Gerichte verlassen, um Mumia „Gerechtigkeit“ widerfahren zu lassen. Diese Gruppen behindern die Entwicklung einer Verteidigungsbewegung, die auf dem Verständnis beruht, dass hinter dem bösartigen Hass der Bullen und der Gerichte auf Mumia der Klassencharakter und die rassistische Ausrichtung des kapitalistischen Staates stehen und dass der Weg zur Erlangung seiner Freiheit in einer klassenkämpferischen Verteidigung liegt.

Seit das PDC und die Spartacist League Mumias Fall 1987 aufgegriffen haben, sind wir dafür eingetreten, allen nur möglichen rechtlichen Vorgehensweisen zu seinen Gunsten nachzugehen. Aber dabei setzen wir überhaupt kein Vertrauen in die „Gerechtigkeit“ der kapitalistischen Gerichte. Die Anstrengungen des PDC, Mumias Fall bekannt zu machen, Geld für seine Rechtsverteidigung zu sammeln und Einheitsfrontproteste zu initiieren, führte dazu, dass Mumias Name in aller Munde war, und schuf die Grundlage für die Welle von Massenprotesten für ihn in den 1990er-Jahren. Nur der Druck einer Massenbewegung, die die Macht der organisierten Arbeiterklasse zum Tragen bringt, kann die Gerichte zwingen, zu reagieren. Eine Demonstration der sozialen Macht der Arbeiterklasse, die Produktion, Transport und Kommunikationswesen zum Stillstand bringen kann, war bei dem Streik der Arbeiter im Nahverkehr von New York City im Dezember 2005 zu sehen, der das Finanzzentrum des US-Kapitalismus lahmlegte.

Die bahnbrechende Ermittlungsarbeit von Wolkenstein und Piper bewies, dass Mumia unschuldig ist, das Opfer eines weitreichenden, vielschichtigen Komplotts. Bei unserer klassenkämpferischen Verteidigungsarbeit versuchen wir Militante für das Verständnis zu gewinnen, dass der bürgerliche Staat, der in seinem Kern aus den bewaffneten Streitkräften, den Bullen, den Gerichten und den Gefängnissen besteht, ein Gewaltapparat ist, errichtet zum Schutz von Profiten und Herrschaft der Kapitalistenklasse gegen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten. Und wie Mumias Fall so umfassend vorführt, trifft im rassistischen Amerika diese Repression, ausgeführt sowohl unter der Demokratischen wie auch der Republikanischen Partei des Kapitals, massiv die schwarze Bevölkerung, die zum größten Teil am unteren Ende der Gesellschaft abgesondert lebt.

Die mörderische Verachtung der Herrscher für die schwarze Bevölkerung ist ein roter Faden, der die Masseneinkerkerung von Minderheitenjugendlichen, vor allem im Rahmen des „Kriegs gegen Drogen“, und die rassistische Grausamkeit in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina, als Regierungskräfte aller Ebenen Tausende dem Tod preisgaben, verbindet. Im kapitalistischen Amerika bedeutet „Recht“sprechung, dass Schwarze, Arbeiter, Immigranten und die Armen in die Tiefen des weitläufigen Geflechts von Gefängnissen und Todestrakten im ganzen Land geworfen werden. Über zwei Millionen Männer, Frauen und sogar Kinder sind hinter Gittern, mehr als die Hälfte davon Schwarze und Latinos. Auf die rassistische Voreingenommenheit, die dem kapitalistischen Rechtssystem innewohnt, wurde ein Schlaglicht geworfen durch die Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs im Fall McClesky v. Kemp von 1987, die die Todesstrafe bestätigte trotz der überwältigenden Beweise für die rassistische Ungleichheit bei ihrer Anwendung. Etwas anderes zu tun würde „die Prinzipien, die dem gesamten Strafrechtssystem zugrunde liegen, ernsthaft in Frage stellen“, so entschied das Gericht. Das ist in der Tat richtig!

Wir fordern, die rassistische Todesstrafe abzuschaffen – eine barbarische Institution und in den USA ein Vermächtnis der Sklaverei. Wir kämpfen für eine proletarische sozialistische Revolution, um den gesamten mörderischen Staatsapparat und das kapitalistische Profitsystem, dem er dient, hinwegzufegen und durch einen Arbeiterstaat auf der Grundlage einer geplanten, kollektivierten Wirtschaft zu ersetzen.

Die „Mumia-Gesetze“ der Gerichte

Die Entschlossenheit des Staates, Mumia zu töten, und der Grund dafür zeigten sich bei seiner Verurteilung im Jahre 1982, als die Staatsanwaltschaft seine frühere Mitgliedschaft in der Black Panther Party anführte, um die Todesstrafe durchzusetzen. Wie das PDC in „Mumia Abu-Jamal: The FBI COINTELPRO Files“ [Mumia Abu-Jamal: Die COINTELPRO-Akten des FBI] (Class-Struggle Defense Notes Nr. 22, Sommer 1995) dokumentierte, war Mumia schon als Teenager eine Zielscheibe des FBI-Programms zur Vernichtung der Black Panther Party. Die Bullen und Gerichte hatten Mumia darüber hinaus im Visier, seit er als Journalist bekannt wurde, dessen scharfzüngige Exposés über Rassismus und Polizeiterror ihm den Titel „Stimme der Entrechteten“ einbrachten, und seit er Unterstützer der MOVE-Organisation von Philadelphia wurde. Der mörderische Vernichtungsfeldzug der Bullen von Philadelphia gegen MOVE gipfelte in dem Brandbombenangriff auf die MOVE-Kommune in der Osage Avenue am 13. Mai 1985 durch die Polizei und das FBI, bei dem elf Menschen getötet und ein vorwiegend von Schwarzen bewohntes Stadtviertel niedergebrannt wurden.

Zu unseren frühesten Verteidigungsbemühungen für Mumia zählte die Aufklärung über die zahlreichen mit seinem Fall verbundenen rechtlichen Fragen, wovon vieles von Lindorff und Schiffmann rekapituliert wird. Anfang 1989 veröffentlichte das PDC ein Rechtsdossier, „The Case of Mumia Abu-Jamal: A Handbook of Constitutional Violations“ [Der Fall von Mumia Abu-Jamal: ein Handbuch der Verfassungsbrüche], das im Detail darstellte, auf welch vielfältige Art und Weise das Recht auf einen fairen Prozess verletzt wurde.

Es ist offensichtlich, dass die Gerichte auf der Grundlage spezieller „Mumia-Gesetze“ handeln, ähnlich den Komplottmethoden, die schon früher angewendet wurden bei der Verfolgung von Kämpfern für Schwarzenrechte, Arbeitermilitanten, Kommunisten und anderen, die als „subversiv“ angesehen wurden. Im Jahre 1990 weigerte sich der Oberste Gerichtshof der USA, über die Rechtmäßigkeit, Mumias Mitgliedschaft in der Black Panther Party zur Grundlage für sein Todesurteil zu machen, zu verhandeln, eine klare Verletzung des Rechts auf Rede- und Koalitionsfreiheit aus dem Ersten Verfassungszusatz. Aber das Gericht verhandelte und kassierte das Todesurteil eines Mitglieds der Aryan Brotherhood [Arier-Bruderschaft], einer rassistischen Gefängnisgang, aufgrund genau dieser rechtlichen Argumentation! Und jedes Gericht, dem es vorgelegt wurde, weigerte sich, das Beverly-Geständnis und Berge von Beweisen, die es stützen, zu verhandeln.

Faulkner wurde in den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981 an der Ecke 13. und Locust Street in Philadelphias Rotlichtbezirk in Center City erschossen. Mumia wurde von einem Schuss, der durch die Lunge in die Leber ging, lebensgefährlich verletzt. Wie Mumia klarstellte, schlugen ihn die Bullen am Tatort und hatten zuerst vor, ihn zum Polizeihauptquartier mitzunehmen, um ihn zu erledigen. Im Krankenhaus versuchten sie erneut, ihn umzubringen.

Um Mumias Verurteilung sicherzustellen, nötigten die Bullen und die Staatsanwaltschaft Zeugen dazu, Meineide abzulegen, und terrorisierten andere so, dass sie überhaupt nicht aussagten. Zu letzteren gehörteWilliam Singletary, der der Polizei unmittelbar nach der Erschießung erzählt hatte, er habe gesehen, dass jemand anders als Mumia Faulkner erschoss. Aus Angst um sein Leben verließ Singletary während des Prozesses die Stadt.

Die Argumentation der Anklage gegen Mumia fußte auf drei Behauptungen, alles Lügen, wie in der PDC-Broschüre von 1995, The Frame-Up of Mumia Abu-Jamal [Das Komplott gegen Mumia Abu-Jamal] eingehend dargestellt wird. Erstens behauptete die Staatsanwaltschaft, drei Augenzeugen hätten Mumia als den Schützen identifiziert. Doch kein einziger Zeuge hat je ausgesagt, gesehen zu haben, dass Mumia Faulkner erschoss. Wie andere Augenzeugen ausgesagt haben, war die Schlüsselzeugin der Anklage, die Prostituierte Cynthia White, zum Zeitpunkt der Schießerei nicht einmal am Tatort. Ein anderer Zeuge der Anklage, der Taxifahrer Robert Chobert, gab 1995 zu, dass er nicht hinter Faulkners Polizeiwagen geparkt hatte, wie er im Prozess von 1982 ausgesagt hatte, und die Schießerei nicht hatte sehen können. Dies wird bestätigt durch Fotos, die Schiffmann entdeckte, die der freiberufliche Fotograf Pedro Polakoff Minuten nach der Schießerei aufgenommen hatte und die eindeutig zeigen, dass Choberts Taxi nicht hinter Faulkners Wagen geparkt war.

Zweitens behauptete die Anklage, Mumia habe die Erschießung gestanden, als er im Krankenhaus zur Versorgung seiner Wunden eintraf. Das war schlicht und einfach eine reine Erfindung von Bullen und Staatsanwaltschaft. Gary Wakshul, der Cop, der Mumia in dieser Nacht bewachte, schrieb in seinem Bericht, Mumia habe „keine Äußerungen gemacht“. Bei einem Wiederaufnahmeverfahren 1995, dass stattfand, während die Drohung einer Hinrichtung über Mumia schwebte, sagte Wakshul aus, dass er es zwei Monate lang nicht geschafft habe, über das „Geständnis“ Bericht zu erstatten, bis zu dem Zeitpunkt, als dieses Märchen ausgeheckt wurde bei einem vom Staatsanwalt einberufenen Treffen am runden Tisch zur Vorbereitung auf den Prozess.

Schließlich behauptete die Anklage, die Tatsache, dass Mumias Schusswaffe am Tatort gefunden wurde, zeige, dass er geschossen habe. Es gibt nicht die Spur eines Beweises, dass Mumias Waffe in dieser Nacht überhaupt abgefeuert wurde, ganz zu schweigen davon, dass Mumia sie abgefeuert hat.

Die von den Bullen und der Bezirkssstaatsanwaltschaft ausgeheckte Geschichte besagt, dass Faulkner eine routinemäßige Fahrzeugkontrolle durchgeführt habe bei einem VW, dessen Fahrweise ihm unberechenbar schien, mit Mumias Bruder Billy Cook am Steuer. Cook sei aus dem Wagen ausgestiegen und es habe ein Handgemenge stattgefunden. Mumia, der in seinem parkenden Taxi saß, habe gesehen, wie sein Bruder von Faulkner geschlagen wurde, sei über einen Parkplatz gerannt und habe Faulkner zuerst in den Rücken geschossen und dann seinen Revolver, auf den am Boden liegenden Faulkner nach unten gerichtet leergeschossen. Im Fallen, so behauptet die Anklage, habe Faulkner Mumia angeschossen. Das ist eine vollkommen falsche Geschichte.

Die Grundvoraussetzung der Argumentation der Anklage war, dass sich nur drei Männer an der Südostecke der Kreuzung 13. und Locust Street befanden, als Faulkner erschossen wurde – Faulkner, Billy Cook und Mumia –, und da der Schütze nicht Cook war, müsse es Mumia gewesen sein. Dieses Szenario wurde von nicht weniger als fünf Zeugen widerlegt, die aussagten, ein Schwarzer sei vom Tatort nach Osten weggerannt.

Bei der Anhörung von 1995 wurde enthüllt, dass die Polizei in Faulkners Uniform einen Antrag auf Ausstellung eines Führerscheins gefunden hatte, der einem gewissen Arnold Howard gehörte. Bei dieser Anhörung sagte Howard aus, dass er das Dokument Kenneth Freeman gegeben habe. Billy Cook erklärte in einer vor Wolkenstein abgegebenen Erklärung von 1999, die in Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal enthalten ist, dass Freeman damals mit ihm in dem Volkswagen saß, und er sagte: „Freeman erzählte mir nach jener Nacht, es habe einen Plan gegeben, Officer Faulkner zu töten, Freeman sei Teil dieses Plans gewesen, er sei in dieser Nacht bewaffnet gewesen und habe sich an der Schießerei beteiligt.“

Schiffmann argumentiert hartnäckig, dass es allein Freeman gewesen sei, der Faulkner tötete. Freemans Beteiligung ist sicherlich ein entscheidender Teil des Gesamtbildes. Verdächtigerweise, und vorteilhaft für die Cops, wurde er am 13. Mai 1985 tot aufgefunden, wenige Stunden nach der Bombardierung der MOVE-Kommune. Doch es ist das Geständnis von Arnold Beverly, das Freemans Rolle und anderes Beweismaterial zu einem schlüssigen Gesamtbild der Ereignisse vom 9. Dezember 1981 verbindet.

Erfüllungsgehilfen der Staatsanwaltschaft: Schmähung gegen Arnold Beverly

Beverly erzählt, er habe an der Nordseite der Locust Street gewartet und habe einen Partner auf der Südseite gehabt, während sich Bullen postiert hatten, um sicherzustellen, dass der Anschlag über die Bühne ging. Beverly sagt, dass folgendes passierte, als Faulkner Cooks VW anhielt:

„Ich hörte das Knallen eines Schusses aus östlicher Richtung der Locust Street. Faulkner fiel auf dem Bürgersteig neben dem VW aufs Knie. Ich hörte einen weiteren Schuss, und dieser muss meine linke Schulter gestreift haben. Ich fühlte etwas Hartes an meiner linken Schulter. Ich griff nach meiner Schulter und hatte Blut an der Hand. Ich rannte über die Locust Street und beugte mich über Faulkner, der rücklings auf den Bürgersteig gefallen war. Ich schoss Faulkner aus nächster Nähe ins Gesicht. Jamal wurde kurz danach von einem uniformierten Polizisten, der am Tatort eintraf, angeschossen.“

Beverly erklärt, er sei mit Hilfe der Bullen über eine Haltestelle der Speedline-Untergrundbahn entkommen. Die Tatsache, dass er bei dem Anschlag auf Faulkner selbst angeschossen wurde, hilft zu erklären, weshalb er mit seinem Geständnis hervorgetreten ist.

Ein äußerst wichtiger Teil von Beverlys Darstellung ist, dass er zur Zeit der Schießerei eine grüne Armeejacke getragen habe. Nicht weniger als fünf Zeugen, darunter zwei Bullen und zwei Zeugen der Anklage, sagten aus, jemand am Tatort, von dem man annahm, er sei der Schütze, habe eine grüne Armeejacke getragen. Dessie Hightowers Freund Robert Pigford, der nie beim Prozess aussagte und später Bulle wurde, sagte der Polizei, dass er, unmittelbar nachdem er Schüsse gehört hatte, einen Mann in einer Armeejacke über dem gefallenen Cop habe stehen sehen. Billy Cook sagte, dass Freeman eine getragen habe, und William Singletary bestätigte, dass der Schütze, der aus dem VW stieg, eine getragen habe. Bei der Person oder den Personen, die eine grüne Armeejacke trugen, konnte es sich weder um Mumia noch um Billy Cook handeln. Mumia trug eine blau-rot-gestreifte Steppjacke, und Billy Cook trug eine blaue Jacke im Nehru-Stil.

Beverlys Darstellung beantwortet auch die entscheidende Frage, wie Mumia angeschossen wurde. Seine Behauptung, Mumia sei von einem Bullen der Verstärkung und nicht von Faulkner angeschossen worden, wird durch die in einem gerichtsmedizinischen Gutachten enthaltene Darstellung eines Bullen der Mordkommission namens Westerman gestützt, dass Mumia von „eintreffenden Polizeiverstärkungen“ angeschossen wurde. Dies stimmt mit der Aussage von Dessie Hightower überein, dass Faulkners Schusswaffe in seinem Halfter gesteckt habe, als die Polizei ihn vom Tatort wegbrachte. Der Schusskanal der Wunden, die Mumia davontrug – durch seine Brust abwärts von seiner Lunge in die Leber –, zerschlägt die Behauptung der Anklage, er sei angeschossen worden, während er über Faulkner stand, d. h. von unten.

Andere Teile von Beverlys Geständnis sind ebenfalls erhärtet worden. Als Rachel Wolkenstein Beverly erstmals 1989 ausfindig machte, sagte er, ein schwarzer Beamter, „Boston“, sei in die Schießerei verwickelt gewesen. Wie Wolkenstein in ihrer eidesstattlichen Erklärung betonte, wurde „die Existenz eines Polizeibeamten namens ,Boston‘ erhärtet nach Durchsicht von Protokollen eines bundesgerichtlichen Prozesses 1979 wegen Polizeibrutalität in Philadelphia“. Wolkenstein vermerkte, dass Beverlys Darstellung während eines Wiederaufnahmeverfahrens für Mumia im Jahre 1997 durch die Aussage einer Prostituierten namens Pamela Jenkins gestützt wurde, die bei einem berüchtigten Korruptionsskandal, in den Philadelphias 39. Polizeibezirk verwickelt war, eine FBI-Informantin gewesen war. Wolkenstein erklärte: „Jenkins sagte aus, dass sie 1982 als Prostituierte und Freundin des Polizeibeamten Thomas Ryan erfahren habe, dass ein schwarzer Polizeibeamter namens Boston und andere Polizeibeamte, darunter ,Sarge‘ und Det. Richard Ryan, bei der Erschießung von Officer Faulkner vor Ort gewesen waren.“

Im Jahre 1999 traten Wolkenstein und Piper aus Mumias Verteidigungsteam zurück, als klarwurde, dass Weinglass und Williams sich weigerten, das brisante Beweismaterial, das Beverly lieferte, und das unterstützende Beweismaterial für das Polizeikomplott und für Mumias Unschuld zu benutzen, nachdem sie es bereits zwei Jahre lang unterdrückt hatten. Es wurde schließlich 2001 vorgelegt, nachdem Mumia Weinglass und Williams gefeuert hatte. Dass Beverlys Geständnis lose Enden zusammenfügte, für die es zuvor keine Erklärung gab, und dass er zwei Lügendetektortests bestand, ist eine Tatsache. Doch von dem Moment an, als das Geständnis vorgelegt wurde, gab es wütende Angriffe dagegen, und zwar sowohl seitens derjenigen, die die Trommel dafür rühren, Mumia auf legale Weise zu lynchen, als auch seitens solcher Personen und Gruppen, die sich als Unterstützer von Mumias rechtlichem Kampf verstehen.

Gerade zu dem Zeitpunkt, als Mumia versuchte, die Veröffentlichung von Williams’ Executing Justice zu verhindern und FOP und Presse ihn erneut angriffen, tauchte Lindorff plötzlich in Salon.com (23. März 2001) mit einem Artikel auf, der den Titel trug „Mumia Sues to Halt Book“ [Mumia klagt, um Buchveröffentlichung zu verhindern]. Lindorff hatte zuvor sehr wenig über Mumias Fall geschrieben und behauptete nun, Williams’ verräterisches Buch, das zu dem Schluss kommt, Mumia sei vielleicht schuldig, „argumentiert zwingend dafür, dass Abu-Jamal einen neuen, faireren Prozess verdient“. Drei Monate später, als Mumia und seine neuen Rechtsanwälte das Beverly-Geständnis vorlegten, diffamierte er es als „eine Art Verzweiflungsangriff“ und griff Mumias Anwälte verleumderisch an („Mumia’s All-Or-Nothing Gamble“ [Mumia spielt um alles oder nichts], Salon.com, 15. Juni 2001).

Lindorff setzt in Killing Time seine Attacke gegen Beverlys Geständnis fort, ohne eine einzige Tatsache zu dessen Widerlegung anzubieten. Nirgendwo erwähnt der „preisgekrönte investigative Reporter“ Lindorff auch nur die wiederholten Beschreibungen der grünen Armeejacke.

Schiffmanns Herangehensweise in Wettlauf mit dem Tod ist es, die Tatsachen zu verdrehen und geschickt das wegzulassen, was ihm ungelegen kommt. Fast so in der Art, wie es Williams bezüglich des Beverly-Geständnisses selbst tat, nimmt Schiffmann der Staatsanwaltschaft die Arbeit ab, indem er argumentiert, die Tatsache, dass fünf Leute jemanden in einer grünen Armeejacke am Tatort gesehen haben und dass dies weder Mumia noch Billy Cook gewesen sein konnten, sei irrelevant. Er argumentiert, diese Beobachtungen müssten Irrtümer sein infolge „schwachen Gedächtnisses“, „schlechter Beleuchtung am Tatort“ und „verstellter“ Sicht. Obgleich er wiederholt die Zeugenaussage von Robert Pigford anführt und ihr Glauben schenkt, unterlässt es Schiffmann, zu erwähnen, dass Pigford der Polizei erzählt hatte, er habe einen Mann in einer grünen Armeejacke über Faulkner stehen sehen.

Bullenkorruption und die Tötung Faulkners

Schiffmanns Buch war gelobt worden, weil es über „neues“ ballistisches Beweismaterial berichte, das aber bereits von Wolkenstein entdeckt und in ihrer eidesstattlichen Erklärung dargelegt worden war. Dazu gehört, dass es am Ort der Erschießung keine Einschläge auf dem Bürgersteig gab, was der Geschichte der Bullen widerspricht, Mumia habe wiederholt geschossen, als er über Faulkner stand.

Schiffmann lässt jedoch wie Lindorff Fakten, die Beverlys Darstellung stützen, einfach weg. Keiner der beiden Autoren erwähnt, dass die Aussage Beverlys über einen Bullen namens Boston erhärtet wurde, obgleich Lindorff Pamela Jenkins’ Zeugenaussage eingehend behandelt. Und sie erwähnen auch nicht Westermans Bericht, wiederholen aber bis zum Erbrechen, Mumia sei von Faulkner angeschossen worden. Sie ignorieren die Beweise in Wolkensteins eidesstattlicher Erklärung, dass laut polizeilichem Ballistikgutachten die Schusswaffe, die angeblich Faulkner benutzt haben soll, um auf Mumia zu schießen, „alte Pulverreste, Schmutz und Flusen in den Kammern“ enthalten habe, sich „nicht wie vorgesehen für Einzelfeuer [hätte] spannen lassen“ und einen „verbogenen Hammersporn“ aufgewiesen habe – d. h. sie war nicht funktionstüchtig. Zur Untermauerung seines Arguments, dass Freeman der einzige Mordschütze gewesen war, führt Schiffmann in Wettlauf mit dem Tod Beweise an, dass die Flugbahnen der Kugeln nicht mit der Darstellung der Staatsanwaltschaft, wie Faulkner erschossen wurde, übereinstimmen. Tatsächlich weisen diese Flugbahnen, wie Wolkensteins eidesstattliche Erklärung zeigt, auf mehr als einen Schützen hin.

Schiffmann fragt, weshalb kein Zeuge gesehen habe, wie Beverly im Eingang der Speedline-U-Bahn verschwand. Dies ist kaum verwunderlich. Laut Beverly (und anderen) wimmelte es auf der Straße nur so von Bullen, die Zeugen auf Abstand hielten. Schiffmann bestreitet auch Beverlys Aussage bezüglich der Anwesenheit zweier Undercover-Cops und eines uniformierten Polizisten in einem Polizeiwagen in der Nähe und behauptet: „Man würde vermuten, dass sie sich ganz woanders aufhalten, damit sie glaubhaft jegliche Beteiligung an dem Verbrechen abstreiten können.“ Schiffmann erwähnt nicht, dass sich Ende 1996, drei Jahre vor Beverlys Geständnis, „ein Augenzeuge namens Marcus Cannon mit der Information, er habe während der Erschießung des Polizeibeamten Faulkner zwei Weiße am Tatort gesehen, die offenbar Undercover-Polizisten waren“, meldete (eidesstattliche Erklärung von Wolkenstein). Singletary bezeugte ebenfalls, zwei „white shirts“ [höhere Dienstränge] und eine Anzahl uniformierter Bullen am Tatort gesehen zu haben.

Worauf sich Lindorffs und Schiffmanns Argumente reduzieren lassen, wurde von Schiffmann in einem Interview vom November 2006 mit dem Journalisten Hans Bennett, das ins Internet gestellt wurde, zusammengefasst, worin er bemerkte: „Das Szenario, das Beverly beschreibt, ist gewiss nicht eines, zu dem ich greifen würde, wollte ich einen Copkollegen töten“, mit „zu vielen Mitwissern, zu vielen Unwägbarkeiten bei der geplanten Hinrichtung und viel zu viel Verkehr, Fußgänger und anderweitiger“. Diejenigen, die dies tatsächlich beruflich tun, mögen da anderer Ansicht sein. Bei einem der berühmtesten Mob-Auftragsmorde überhaupt wurde 1985 Paul Castellano vor einem überfüllten Restaurant in Midtown Manhattan niedergeschossen, von einer Gruppe Auftragskiller, die aus verschiedenen Richtungen kamen. Alle trugen Trenchcoats und russische Pelzkappen, um Verwirrung zu stiften und eine Identifizierung nahezu unmöglich zu machen, was ein Hinweis darauf sein könnte, weshalb Beverly und Freeman beide grüne Armeejacken trugen.

Lindorff und Schiffmann erkennen das überwältigende Beweismaterial für Bullenkorruption an, und Lindorff stellt fest, dass „ein Drittel der 35 in den Fall verwickelten Bullen ein Vorstrafenregister wegen Betrugs und sogar wegen Manipulation von Beweisen angesammelt hatte“. Er bemerkt sogar, dass Faulkners FBI-Akten mit der Tatsache im Einklang stehen könnten, dass er ein FBI-Informant war – das Motiv für den Mordanschlag!

Die Geschichte der Polizeikorruption in Philadelphia ist allgemein bekannt. Buchstäblich die gesamte Befehlshierarchie bei der „Untersuchung“ von Faulkners Tod stand im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen der Bundespolizei unter Verdacht, einschließlich des Leiters der Central Division John DeBenedetto (verurteilt) und des Leiters des Morddezernats James Carlini (nicht angeklagter Mitverschwörer). Inspektor Alfonzo Giordano, der sich 1986 schuldig bekannte, war ranghöchster Beamter am Tatort nach Faulkners Erschießung und spielte eine Schlüsselrolle bei der Initiierung und Inszenierung des Komplotts. Giordano wusste im Dezember 1981 ganz genau, wer Mumia war, da er während des Rachefeldzugs der Bullen gegen die Black Panther Party die rechte Hand des rassistischen Polizeichefs Frank Rizzo gewesen war und 1977/78, als Rizzo Bürgermeister war, in leitender Position an einer Polizeibelagerung des MOVE-Hauses in Powelton Village teilnahm.

Doch Lindorff und Schiffmann weisen jede Verbindung zwischen dieser Geschichte und der Möglichkeit eines Auftragsmords an Faulkner durch Mob/Polizei von sich, Lindorff erklärt das für unglaubhaft. Er räumt ein, dass es nicht ungewöhnlich ist für Bullen, ihresgleichen umzubringen, behauptet aber, „die Standardvorgehensweise für Polizeihinrichtungen ist, dass sie in einem dunklen Teil eines Parks oder einer Gasse ohne Augenzeugen passieren – oft mit der eigenen Waffe des Beamten, die man so benutzt, dass es wie Selbstmord aussieht“. Nun, manchmal ja, manchmal nein. Man betrachte den Fall des designierten Sheriffs Derwin Brown von DeKalb County, Georgia, der im Dezember 2000 vor seinem Haus niedergeschossen wurde, nachdem er geschworen hatte, das Sheriff-Departement von Korruption zu säubern. Oder man nehme den wohlbekannten Fall von Frank Serpico, ein Bulle aus New York City, der in den 1970er-Jahren als Informant gegen Polizeikorruption arbeitete und dessen Kollegen es so arrangierten, dass er bei einer Drogenrazzia erschossen werden sollte. Bei diesem Szenario konnten die Bullen behaupten, Straßengangster hätten Serpico erschossen, genau wie die Bullen von Philadelphia ihre Spuren dadurch verwischen konnten, dass sie Beverly und Freeman anheuerten, um Faulkner zu erledigen.

Ziemlich naiv fragt Lindorff, wie die Bullen denn damit rechnen konnten, mit einem Auftragsmord an Faulkner ungeschoren davonzukommen. Lindorff selbst gibt einen Hinweis, er schreibt, dass Polizeipräsident James Martin „diese gesamte Abteilung beaufsichtigte“ und für alle größeren Ermittlungen verantwortlich war, „eine Verantwortung, unter die auch der Fall von Officer Faulkner und Abu-Jamal fiel“. Eben dieser Martin wurde später wegen Erpressung zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt.

Mumia ist unschuldig!

Allen Beweisen zum Trotz schreibt Lindorff, Mumia könne „Faulkner erschossen haben, aber einfach in Notwehr. Er könnte den Beamten verwundet haben, und jemand anders hat die Sache zu Ende geführt… Wenn er sich selbst verteidigte, aber überreagierte, nachdem er angeschossen worden war oder nachdem er gesehen hatte, wie sein Bruder geschlagen wurde, hätte die Anklage womöglich auf Totschlag lauten sollen.“ Er akzeptiert sogar als Möglichkeit das groteske Szenario der Anklage, dass Mumia „über dem Beamten stand und mehrere Schüsse auf ihn abgab“. Schiffmann hingegen benennt Freeman als den wahrscheinlichen Mörder und spricht Mumia von jeglicher Beteiligung frei – gewissermaßen. In Schiffmanns Szenario drehte sich Faulkner um, als er hinter sich Mumia herbeirennen hörte, und schoss auf ihn „in putativer Notwehr“, was dann Freeman veranlasste, auf Faulkner zu schießen. Aber obendrein wiederholt Schiffmann Lindorffs Behauptung, Mumia habe Faulkner womöglich getötet, wenn er schreibt: „Selbst wenn Abu-Jamal den Schuss abgefeuert hätte, der Faulkner tötete, so tat er das in Notwehr.“

Lindorff greift Mumias Erklärung vom Mai 2001 an und behauptet, seine Darstellung, er sei in Richtung Tatort gerannt, nachdem er Schüsse gehört hatte, und dann von einem Bullen angeschossen worden, „widerspricht direkt dem Großteil der Zeugenaussagen beim Prozess und bei der PCRA-Anhörung – Zeugenaussagen, die zu Recht oder zu Unrecht bereits von Staats- und Bundesgerichten als zuverlässig und glaubwürdig erklärt worden sind“. Lindorff gibt einem zentralen Bestandteil der verlogenen Darstellung der Anklage seinen Segen, er behauptet: „Alle Hauptzeugen in diesem Fall, sowohl für die Verteidigung als auch für die Anklage, sagen, dass die gesamte Schießerei stattgefunden habe, nachdem Abu-Jamal begonnen hatte, die Straße zu überqueren, oder während er sie überquerte, um seinem Bruder zu Hilfe zu kommen.“ Lindorff ist so sehr darauf aus, zu „beweisen“, dass Mumia an der Schießerei beteiligt gewesen „sein könnte“, dass er sich auf die erpressten, erfundenen Aussagen beruft, die bei Mumias abgekartetem „Prozess“ präsentiert wurden – Zeugenaussagen, die Lindorffs eigenes Buch für falsch erklärt!

Schiffmanns Darstellung widerspricht ebenfalls Mumias Aussage, er sei erst, nachdem er einen Schuss gehört habe, hinüber gerannt. Schiffmann und Lindorff akzeptieren beide als Tatsache, dass Mumia von Faulkner angeschossen wurde, im Rahmen ihrer Behauptung, dass Mumia möglicherweise aus Notwehr auf Faulkner geschossen habe. Mit alldem versuchen sie an diejenigen zu appellieren, die sich in der Frage von Mumias Unschuld nicht festlegen wollen und sich möglicherweise um den Aufruf für einen neuen, fairen Prozess scharen würden. Die reformistische Linke hat das Gleiche im Sinn, wenn sie Lindorffs und Schiffmanns „Exposés“ preist.

Um einen Begriff von den bürgerlichen Kräften zu bekommen, an die sie appellieren wollen, betrachte man den demokratischen Kongressabgeordneten von Pennsylvania, Chaka Fattah. Im vergangenen Dezember stimmte Fattah zusammen mit 367 anderen Demokraten und Republikanern für eine Resolution des Repräsentantenhauses, die die Pariser Vorstadt Saint-Denis dafür verurteilt, eine Straße zu Ehren von Mumia benannt zu haben, eine Resolution, die dazu gedacht war, Mumias Hinrichtung zu beschleunigen. Fattahs Votum rief Empörung unter denjenigen von Mumias Unterstützern hervor, die sich an seine frühere Mithilfe bei der Erlangung einer Resolution des Congressional Black Caucus [Ausschuss der schwarzen Kongressabgeordneten] für einen neuen Prozess erinnerten. Doch, wie Fattah selbst bemerkte, gab es zwischen diesen Handlungsweisen keinen Widerspruch. In einer Stellungnahme auf seiner Website erklärte Fattah: „Obwohl ich weiterhin nicht davon überzeugt bin, dass in diesem Fall Gerechtigkeit geübt wurde, stimme ich für die Resolution, denn die Verherrlichung eines jeden, der wegen eines so schrecklichen Verbrechens verurteilt worden ist, bedeutet eine Beleidigung derer, die täglich ihr Leben aufs Spiel setzen, um zu dienen und zu schützen.“ Dann bekräftigte er erneut seine „Hoffnung“ auf einen neuen Prozess.

Lindorff kritisierte diejenigen, die „ohne wirkliches Wissen über diesen komplexen Fall“ für die Resolution gestimmt hatten, brachte dann aber einen Seitenhieb gegen Mumias Unterstützer an, die, „manchmal gleichermaßen ignorant gegenüber den Fakten, ihn zum Helden gemacht und mit Ehrenbürgerschaften und Straßennamen geehrt haben“ (CounterPunch, 7. Dezember 2006).

Es kann keine eindeutigere Demonstration der Rolle geben, die Lindorff und Schiffmann bei der Unterminierung des Kampfes für Mumias Freiheit spielen, als ihre Angriffe auf das Beverly-Geständnis und diejenigen, die es veröffentlicht haben. Lindorff intoniert, das Beverly-Beweismaterial „könnte die Gefahr mit sich bringen, einiges von dem Enthusiasmus zu verlieren, der Jamal zu so etwas wie einem Symbol der nationalen und internationalen Kampagne zur Abschaffung der Todesstrafe in den USA gemacht hat“. Tatsächlich war es die liberale Strategie des Vertrauens in die kapitalistischen Gerichte, die Mumias Armee von Unterstützern rund um die Welt demobilisiert hat. Diese Perspektive bedeutete, gerade die Gründe zurückzuweisen, aus denen Millionen Mumias Fall aufgegriffen hatten: Empörung über Armut, rassistische Unterdrückung, Krieg und Ungerechtigkeit, die zum Wesen des kapitalistischen Systems gehören. Viele identifizierten sich mit Mumias Kampf gegen das „System“ – und eben nicht mit der liberalen Sorge um das angeschlagene Ansehen des Systems.

Die Behauptung, man könne keine breit gestreute Unterstützung für Mumia erhalten auf der Grundlage, dass er unschuldig ist, wird widerlegt von den vielen Menschen, die die PDC-Erklärung unterschrieben haben, die genau das aussagt und das Beverly-Geständnis zitiert. Zu den Unterzeichnern gehören die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Nadine Gordimer, die schwarzen Intellektuellen Manning Marable und Henry Louis Gates jr. und zahlreiche Gewerkschafter rund um die Welt. (Die Erklärung findet sich in WV Nr. 880, 10. November 2006; eine vollständige Liste der Unterzeichner befindet sich auf der PDC-Website, www.partisandefense.org). Den Kernpunkt dieser Erklärung griff der Shopsteward (März 2007) auf, herausgegeben vom Congress of South African Trade Unions, der warnte: „Der Staat ist so entschlossen wie eh und je, Mumia, einen unschuldigen Mann, hinzurichten… Mumias Freiheit wird nicht durch Vertrauen in das manipulierte kapitalistische Justizsystem errungen werden. Was das Blatt wirklich wenden kann, ist die vereinte Macht von Millionen rund um die Welt – arbeitende Menschen, vereint im Kampf für die Freiheit eines Unschuldigen.“

In der Tat, die Macht der Arbeiter muss für Mumia eingesetzt werden. Doch es versteht sich von selbst, dass dies nur möglich ist, indem man unabhängig von den Kräften des kapitalistischen Staates mobilisiert, der gegen diesen unschuldigen Mann ein Komplott geschmiedet hat. Integrierte Gewerkschaften, die Millionen von Arbeitern repräsentieren, haben ihre Unterstützung für Mumia bekannt gemacht. Dass diese Millionen nicht in der Aktion mobilisiert wurden, um dieses rassistische Komplott zu bekämpfen, liegt in der Verantwortung der prokapitalistischen Gewerkschaftsirreführer, die die Gewerkschaften an die politischen Parteien und die staatlichen Agenturen der Kapitalistenklasse ketten. Beihilfe zur Verstärkung dieser Ketten leisten Lindorff, Schiffmann und reformistische Linke, die Mumias Kampf um Freiheit dem Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte unterordnen möchten.

Der Kampf für die Freiheit Mumias und aller Klassenkriegsgefangenen ist ein integraler Bestandteil des Kampfes zur Schmiedung einer leninistischen Avantgardepartei. Eine solche Partei, die als Vorkämpfer für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten handelt, ist das unerlässliche Instrument zur Führung des Kampfes, um die kapitalistische Ordnung durch eine sozialistische Revolution zu stürzen und den Weg für die Befreiung der Schwarzen und für die Befreiung von uns allen freizumachen.