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Mumia Abu-Jamal ist unschuldig

Freiheit für Mumia!

Weg mit der rassistischen Todesstrafe!

Nachfolgend drucken wir die Übersetzung eines Flugblatts des Partisan Defense Committee (PDC), amerikanische Schwesterorganisation des Komitees für soziale Verteidigung (KfsV), vom 25. Januar 2006 ab.

Mumia Abu-Jamal sitzt seit fast 24 Jahren in der Todeszelle, zu Unrecht verurteilt wegen Mordes an dem Polizisten Daniel Faulkner in Philadelphia. Alle Teile des kapitalistischen „Rechts“systems arbeiteten Hand in Hand bei diesem Komplott gegen einen früheren Black Panther und MOVE-Unterstützer, weil er ein redegewandter und unbeugsamer Sprecher der Unterdrückten war. Seine Verurteilung basierte auf erlogenen Zeugenaussagen, die die Bullen erpresst hatten, es gab nicht die Spur von Beweismaterial. Ein Gerichtsstenograf hörte, wie der zuständige Richter, Albert Sabo – bekannt als der „König des Todestrakts“ –, sagte, „ich werde denen helfen, den N----r zu braten“. Die Anklage manipulierte die Jury, um Schwarze auszuschließen, und sie stachelte Juroren mit der grotesken Lüge auf, Mumias Mitgliedschaft bei den Panthers, als er ein Teenager war, beweise, dass er „schon seit damals“ entschlossen war, einen Bullen zu töten. Die Verurteilung wurde dann sichergestellt mit dem Argument, dass die Jury jegliche Zweifel an der Schuld Mumias ignorieren könne, weil er „Berufung nach Berufung“ bekommen würde.

Der Staat ist immer noch fest entschlossen, Mumia hinzurichten, einen unschuldigen Menschen. Während fast zwei Jahrzehnten von Berufungen hat ein Gericht nach dem anderen Bände von dokumentierten Beweisen für die so offensichtlich abgekartete Anklage gegen Jamal ignoriert. Seit mehr als vier Jahren haben sich Gerichte in Pennsylvania ebenso wie Bundesgerichte geweigert, das beeidete Geständnis von Arnold Beverly, er und nicht Mumia habe auf Faulkner geschossen und ihn getötet, auch nur in Betracht zu ziehen.

Der Kampf für die Freiheit Mumias hat jetzt einen kritischen Punkt erreicht. Im Dezember beschloss das Bundesberufungsgericht ein „beschleunigtes“ Verfahren für Mumia. Sowohl Mumia als auch die Anklage fechten Beschlüsse an, die 2001 von William Yohn getroffen wurden, dem Richter am Bundesbezirksgericht, der das Todesurteil kassierte, aber jeden Aspekt des abgekarteten Schuldspruchs gegen Mumia aufrechterhielt. In kurzer Zeit, vielleicht sogar schon in sechs Monaten, könnte das Gericht entscheiden, was Mumia bevorsteht: der Tod, ein Leben im Gefängnis oder weitere Rechtsschritte.

Die Hinrichtung von Stanley Tookie Williams durch den Bundesstaat Kalifornien letzten Dezember wirft einen drohenden Schatten voraus. Der legale Lynchmord an Williams, der im Lande und international einen Aufschrei hervorrief, zeigte die Entschlossenheit der kapitalistischen Herrscher der USA, ihre Todesmaschinerie zu befestigen angesichts wachsender Vorbehalte in der Bevölkerung darüber, wie die Todesstrafe angewendet wird. Mumia Abu-Jamal, Amerikas herausragendster politischer Gefangener, steht auch zuvorderst im Visier der Scharfrichter. Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger stellte das klar, als er bei der Verweigerung des Gnadengesuchs von Williams den Umstand erwähnte, dass Williams‘ 1998 erschienenes Buch Life in Prison [Ein Leben im Gefängnis] unter anderem Mumia Abu-Jamal gewidmet war.

Der Fall von Mumia zeigt, worum es bei der rassistischen Todesstrafe wirklich geht. Sie ist der legalisierte Lynchstrick, die ultimative Waffe im Repressionsarsenal der Regierung, gerichtet gegen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten. Die Todesstrafe, ein Erbe der Sklaverei, wird heute in einer Gesellschaft aufrechterhalten, in der die Ausgrenzung der Mehrheit der schwarzen Bevölkerung als Keil benutzt wird, um die arbeitenden Massen zu spalten und die Herrschaft des raubgierigen Kapitals zu verewigen. Die mörderische Brutalität des rassistischen kapitalistischen Systems war für jeden sichtbar, als Tausende Menschen, überwiegend Schwarze und Arme, in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina dem Tod überlassen wurden.

Mumias Berufung findet in einer Situation statt, in der die Regierung ihr „Recht“ behauptet, jeden, der als Gegner angesehen wird, verschwinden zu lassen, zu foltern oder sogar zu ermorden, und überhaupt jeden abzuhören und auszuspionieren. Im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ werden Rechte, die durch heftige Klassen- und soziale Kämpfe errungen wurden, von der Bush-Regierung mit Hilfe der Demokratischen Partei durch den Fleischwolf gedreht. Der Zweck ist, jeden zu terrorisieren und zum Schweigen zu bringen, der dem unerbittlichen Streben der kapitalistischen Herrscher nach Profiten und ihren imperialistischen Abenteuern – wie der Kolonialbesetzung des Irak – im Weg stehen könnte.

Mumias Fall durchläuft die letzten Etappen der gerichtlichen Verfahren, und der Kampf für seine Freiheit ist dringend erforderlich. Das Partisan Defense Committee – eine klassenkämpferische Organisation für rechtliche und soziale Verteidigung, verbunden mit der Spartacist League/U.S. – ist dafür, jeden möglichen Rechtsweg für Mumia auszuschöpfen, aber wir setzen keine Hoffnung in die „Gerechtigkeit“ der kapitalistischen Gerichte. Wir machten den Fall in der Öffentlichkeit bekannt und organisierten Aktionen, so kämpften wir für die Mobilisierung breitester sozialer Kräfte, zentral gestützt auf die Arbeiterbewegung, um Freiheit für Mumia und die Abschaffung der rassistischen Todesstrafe zu fordern. Als Mumia im August 1995 die Hinrichtung drohte, gab es Massenproteste national und international – von Bürgerrechtsorganisationen und Staatschefs wie Südafrikas Nelson Mandela bis zu Gewerkschaften, die Millionen Arbeiter vertreten –, und so gelang es, den Henker aufzuhalten.

Heute sind die Unwägbarkeiten höher. Aber wenn sich der Kampf für Mumias Freiheit auf eine Mobilisierung der sozialen Macht der Arbeiterklasse stützt, wird er einen Riesenschritt vorwärts bedeuten bei der Verteidigung von uns allen gegen die zunehmend verkommenen und bösartigen Herrscher dieses Landes.

Anatomie einer abgekarteten Anklage

In den Augen des kapitalistischen Staats war Mumia seit 1969, als er mit 15 Jahren ein Sprecher der Black Panther Party in Philadelphia war, ein Toter auf Urlaub. Der damalige FBI-Direktor J. Edgar Hoover erklärte: „Den jungen Negern und den Gemäßigten muss klar gemacht werden, dass sie, wenn sie sich revolutionären Lehren verschreiben, tote Revolutionäre sein werden.“ Diese Politik wurde sowohl von der Regierung des Demokraten Lyndon Johnson und seines Justizministers Ramsey Clark betrieben als auch von der Nixon-Regierung der Republikaner. Unter dem „Gegenspionage“-Programm des FBI, als COINTELPRO bekannt, wurden 38 Black Panther ermordet und Hunderte weitere mittels abgekarteter Anklagen ins Gefängnis geworfen.

900 Seiten FBI-Akten konnte das PDC für Mumias Verteidigung beschaffen, und obwohl sie hochgradig zensiert waren, konnte man daraus klar ersehen, dass das FBI und die Bullen für ihr Ziel, Mumia dranzukriegen, alle nur denkbaren „schmutzigen Tricks“ angewendet haben. Jede seiner Bewegungen wurde erfasst, und sein Name kam auf den Security Index des FBI, so etwas wie eine „Terroristen“-Abschussliste der 60er-Jahre. Selbst als es die Black Panthers nicht mehr gab, stellte der Staat seine Vendetta gegen Mumia nicht ein. Als Journalist war Mumia bekannt als „Stimme der Entrechteten“ und leidenschaftlicher Verteidiger der Rechte der Schwarzen, und die Wut des Staates verfolgte ihn weiter. Besonders die Bullen von Philadelphia waren außer sich wegen seiner teilnahmsvollen Berichterstattung über die Organisation MOVE, Zielscheibe eines massiven Angriffs staatlichen Terrors.

Mumia sollte sterben wegen seiner politischen Überzeugungen, wegen dem, was er schrieb, wegen dem, was er sagte. Und in den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981, an der Kreuzung 13th und Locust Street in Philadelphia, sahen die Bullen endlich ihre Chance. Mumia fuhr in dieser Nacht ein Taxi in der Gegend. Er hörte Schüsse. Er sah Leute rennen, sah seinen eigenen Bruder und stieg aus seinem Taxi, um ihm zu Hilfe zu kommen. Minuten später war Mumia durch einen Schuss in die Brust lebensgefährlich verletzt. In der Nähe lag ein verwundeter Polizeibeamter, Daniel Faulkner. Die Bullen hatten ihre langerwartete Gelegenheit und stürzten sich darauf, Mumia einen „Polizistenmord“ anzuhängen.

Die Beweisführung der Anklage beruhte auf drei Standbeinen, alle basierend auf Lügen: die Aussagen von „Augenzeugen“, erpresst durch Vergünstigungen und Drohungen; ein „Geständnis“, angeblich von Mumia in der Nacht der Schießerei abgegeben, ein derartig offensichtlicher Schwindel, dass es erst Monate später aus dem Nichts auftauchte; und ballistische „Beweise“, die schlichtweg nicht existierten. 2001 wurde dieses Komplott völlig in der Luft zerfetzt, als Arnold Beverly gestand, dass er der Mann war, der Faulkner erschoss. In einer eidesstattlichen Erklärung, abgedruckt in der PDC-Broschüre Mumia Abu-Jamal Is an Innocent Man [Mumia Abu-Jamal ist unschuldig], gab Beverly an:

„Ich wurde angeworben, zusammen mit einem anderen Typ, und bezahlt, um Faulkner zu erschießen. Ich hatte gehört, dass Faulkner ein Problem für den Mob [Mafia] und korrupte Polizisten war, weil er sich einmischte bei den Bestechungen und Schmiergeldern, die gezahlt wurden, um in der Innenstadt illegale Aktivitäten wie Prostitution, Glücksspiel, Drogen ohne Strafverfolgung zu ermöglichen.

Faulkner wurde in den Rücken geschossen und dann ins Gesicht, bevor Jamal am Tatort eintraf. Jamal hatte mit der Erschießung nichts zu tun.“

Beverly gab weiter an, dass es einen zweiten Schützen gab, der ebenfalls flüchtete. Das wird durch eine eidesstattliche Erklärung von Mumias Bruder Billy Cook bestätigt, der bezeugte, dass sein Freund Kenneth Freeman in dieser Nacht an der Kreuzung 13th und Locust Street Passagier in Cooks VW war. Freeman gab später Cook gegenüber zu, dass er Teil des Plans war, Faulkner zu töten, dass er an der Schießerei teilgenommen hatte und dann geflüchtet war. Dies wird weiter erhärtet durch die Aussage eines Zeugen vor Ort, William Singletary, der einen Passagier aus Cooks VW aussteigen, auf Faulkner schießen und dann flüchten sah.

Wenigstens ein halbes Dutzend Zeugen, die in der Nacht der Schießerei vor Ort waren, sahen von mehreren verschiedenen Standorten aus einen oder mehrere Schwarze flüchten. „Eilmeldungen“ im Polizeifunk gleich nach der Schießerei sagten, dass die Schützen mit Faulkners Waffe vom Tatort geflohen seien. Fünf Zeugen, darunter zwei Bullen, gaben an, dass der Schütze eine grüne Armeejacke trug, wie sie sowohl Beverly als auch Freeman in dieser Nacht anhatten. Mumia trug eine rote Skisteppjacke mit breiten blauen Längsstreifen. Beim Beweismaterial der Polizei gibt es keine grüne Jacke.

Beverly sagte, dass Mumia von Bullen vor Ort angeschossen wurde. Das wird von keiner geringeren Autorität als dem Büro des staatlichen Gerichtsmediziners bestätigt, dessen noch am Morgen der Schießerei verfasster Bericht einen Beamten der Mordkommission zitiert mit den Worten, Mumia sei von „eintreffenden Polizei-Verstärkungen“ angeschossen worden und nicht von Faulkner. Andere Zeugen haben die Aussage von Beverly untermauert, dass Polizisten in Zivil und Uniform zur Zeit der Schießerei in der Gegend waren, woraus Beverly schloss, dass sie in den Plan, Faulkner zu erschießen, eingeweiht waren. Ein Zeuge, Marcus Cannon, sah zwei Undercover-Bullen auf der Straßenseite gegenüber der Schießerei. William Singletary sah auch „Weißhemden“ (Polizei-Dienstaufsicht) vor Ort, unmittelbar nachdem die Schüsse fielen.

Die Anklage verwirft die Vorstellung, dass Bullen einen ihrer eigenen Leute umbringen würden, als eine abwegige Erfindung. Einmal davon abgesehen, dass Beverly zwei Lügendetektor-Tests bestanden hat – sein Bericht deckt sich mit der Tatsache, dass es zur Zeit der Erschießung Faulkners 1981 wenigstens drei laufende Ermittlungen der Bundespolizei gegen Polizeikorruption, einschließlich Polizeiverbindungen zum Mob, in Philadelphia gab. Gegen Polizisten, die als FBI-Informanten arbeiteten, wurden Anfang der 80er-Jahre Anschläge verübt. Ein früherer Bundesanwalt bestätigte, dass das FBI einen Informanten in der Polizei hatte, dessen Bruder ein Bulle war – Faulkner hatte einen Bruder, der Bulle war.

Eine beeidete Erklärung von Donald Hersing, einem früheren Informanten bei einer FBI-Untersuchung von Polizeikorruption, bestätigt, dass zum Zeitpunkt der Erschießung Faulkners darüber geredet wurde, dass das FBI einen Informanten in den Reihen der Polizei hatte. Sowohl gegen den leitenden Beamten der Central Police Division, in deren Bereich der Mord an Faulkner geschah, als auch gegen den Chef der Mordkommission und gegen den ranghöchsten Beamten am Ort der Ermordung Faulkners, Alfonzo Giordano, wurde zu der Zeit aufgrund von Korruptions-Anklagen der Bundesanwaltschaft ermittelt. Diese Bullen waren buchstäblich die Befehlskette für die abgekartete Anklage gegen Mumia Abu-Jamal.

Giordano war die rechte Hand von Philadelphias Polizeichef und späteren Bürgermeister Frank Rizzo gewesen, der für seinen Rassismus berüchtigt war. Von 1966 bis 1970 war Giordano zuständig für das „Stakeout“-Kommando der Polizei, das 1970 den Polizeiüberfall auf das Hauptquartier der Black Panthers anführte. Er hatte auch 1977/78 die Oberaufsicht über die 15-monatige Polizeibelagerung des MOVE-Hauses in Powelton Village, die damit endete, dass neun MOVE-Mitglieder ins Gefängnis gesteckt wurden, weil ihnen die Ermordung eines Bullen angehängt wurde. Giordano wusste ganz genau, wer Mumia war. Als dienstältester Beamter vor Ort hatte er sowohl das Motiv als auch die Gelegenheit, Mumia den Mord an Faulkner anzuhängen.

Von Giordano stammte die Behauptung, dass Mumias Waffe – die mutmaßliche Mordwaffe – neben ihm auf der Straße lag. Den Funkaufzeichnungen der Polizei zufolge suchten jedoch die Bullen etwa 14 Minuten, nachdem schon ganze Polizeihorden vor Ort eingetroffen waren, noch immer nach der Waffe. Giordano sorgte für die Identifizierung Mumias durch den Taxifahrer Robert Chobert, der ein Zeuge der Anklage wurde. Giordano war der Hauptzeuge der Anklage bei der vorgerichtlichen Anhörung von Mumia. Bei Mumias Prozess wurde er aber überhaupt nicht als Zeuge aufgerufen. Kurz vor dem Prozess bekam er einen Schreibtischjob zugewiesen. Einen Werktag, nachdem Mumia verurteilt worden war, quittierte Giordano den Dienst. 1986 bekannte sich Giordano schuldig angesichts von Anklagen der Bundesbehörden, die darauf basierten, dass er zwischen 1979 und 1980 zehntausende Dollar an illegalen Bestechungsgeldern angenommen hatte. Er verbrachte nicht einen einzigen Tag im Gefängnis.

Das Lügengespinst der Staatsanwaltschaft

Die Darstellung der Anklage ist, dass an der Ecke 13th und Locust Street, wo Faulkner erschossen wurde, zwei Personen waren: Mumias Bruder Billy Cook und Faulkner. Sie behaupten, dass Mumia über die Straße rannte, als er sah, dass sein Bruder von Faulkner geschlagen wurde. Der Polizei und der Anklage zufolge schoss Mumia dem Bullen in den Rücken, dann schoss der Bulle auf Mumia, und dann stand Mumia über dem gestürzten Bullen und schoss ihm „wie bei einer Hinrichtung“ mehrere Male in den Kopf. Schon allein eine nähere Untersuchung der eigenen Beweise von Bullen und Anklage überführt dieses Szenario der Lüge. Wenn man sich die „drei Standbeine“ ansieht, auf denen die Anklage basiert, ergibt sich nicht nur eine überzeugende Bekräftigung von Mumias Unschuld, sondern auch eine klare Bestätigung von Beverlys Zeugenaussage.

Die Zeugen der Anklage: Trotz Drohungen und Vergünstigungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft zur Zeit des Prozesses 1982 sagte kein Zeuge aus, dass er tatsächlich gesehen habe, dass Mumia Faulkner erschoss. Nur eine, die Hauptzeugin der Anklage Cynthia White, sagte aus, sie glaubte gesehen zu haben, dass Mumia eine Waffe in der Hand hielt, als er die Straße überquerte. White arbeitete als Prostituierte in der Gegend und behauptete, von der südöstlichen Ecke der 13th und Locust Street aus, die Ereignisse mit angesehen zu haben. Aber die beiden anderen Zeugen der Anklage bestritten ebenso wie zwei Zeugen der Verteidigung, dass sie während der Schießerei überhaupt am Ort war! Andere Prostituierte sagten in späteren Gerichtsanhörungen aus, dass White wechselweise Vergünstigungen der Polizei bekam oder von der Polizei bedroht wurde, damit sie diese Zeugenaussage machte.

Was Robert Chobert angeht: Zunächst sagte er der Polizei, der Schütze „rannte davon“. Nach weiteren Verhören änderte er seine Geschichte und behauptete, dass Mumia über Faulkner stand, als die Schüsse abgefeuert wurden, und dass niemand weggerannt sei. Chobert arbeitete als Taxifahrer, obwohl sein Führerschein zeitweilig eingezogen und er wegen schwerer Brandstiftung auf Bewährung war, und er erhielt im Austausch für seine Zeugenaussage Vergünstigungen durch die Anklage. Er gab später zu, dass er die Schießerei überhaupt nicht gesehen hatte. Der dritte Zeuge des Staats war Michael Scanlan. Er identifizierte zunächst Mumia als den Fahrer des VW, sagte dann aber aus, dass der Schütze über die Locust Street gelaufen sei, was Beverly auch zugibt. Er gab auch zu, dass er nicht wusste, ob Mumia der Mann war, den er gesehen hat.

Ballistik und Spurensicherung: Die Anklage behauptete, dass die ballistischen Beweismittel damit „vereinbar“ seien, dass Mumias Waffe die Mordwaffe war, gab aber gleichzeitig zu, dass auch Millionen anderer Handfeuerwaffen damit „vereinbar“ seien. Es gibt keinerlei Beweise, dass Mumias Waffe in dieser Nacht überhaupt abgefeuert wurde. Es gab reichlich Gelegenheit, Mumias Hände oder die Waffe auf Spuren zu testen, ob sie vor kurzem abgefeuert worden war. Aber die Polizei gibt an, dass solche Tests, eine Standard-Vorgehensweise, nie durchgeführt wurden! Der Einsatzkommando-Beamte, der behauptete, Mumias Waffe aufgelesen zu haben, lieferte sie erst nach mehr als zwei Stunden ab, was reichlich Zeit ließ, sie manipulieren zu lassen.

Der Bericht des Gerichtsmediziners stellt fest, dass Faulkner mit einem Geschoss Kaliber .44 erschossen wurde; Mumias Waffe hatte Kaliber .38. Das kriminaltechnische Labor behauptete, dass das Hauptfragment des Geschosses, das aus Faulkners Kopf entfernt wurde, für Tests zu stark beschädigt war, aber der Ballistikexperte des Verteidigungsteams bestritt das. Ein zweites Geschossfragment, das aus der Kopfwunde entfernt wurde, ist schlicht spurlos verschwunden.

Die Beweislage vor Ort – Geschossfragmente, Blutspuren, keine Einschläge auf dem Bürgersteig – widerlegt die Behauptung der Anklage, dass auf Faulkner wiederholt geschossen wurde, während er am Boden lag. Das Muster der Geschosseinschläge stimmt viel eher mit dem mehrerer Schützen überein, wie es Beverly bezeugt. Eine Geschosshülse aus Kupfer passte weder zu Faulkners noch zu Mumias Waffe, was nahe legt, dass eine weitere Waffe abgefeuert wurde. Und am Tatort wurde Blut der Blutgruppe 0 gefunden, während Faulkner, Mumia und Cook alle Blutgruppe A haben, was nahe legt, dass eine weitere Person anwesend war und verletzt wurde. Der Eintrittswinkel von Mumias Schusswunden schließt aus, dass auf ihn geschossen wurde, während er über Faulkner stand, wie es die Anklage behauptet. Dagegen stimmen Mumias Schusswunden überein mit der Zeugenaussage von Beverly, dass ein Bulle vor Ort auf Mumia geschossen hat.

Das „Geständnis“: Das letzte Standbein der abgekarteten Anklage war die Behauptung, dass Mumia im Krankenhaus, in das er gebracht worden war, in einer Blutlache lag und ausrief, er habe den Bullen erschossen. Allerdings berichtete der Polizeibeamte, der dort zur Bewachung von Mumia abgestellt war, am gleichen Tag, dass Mumia „keine Äußerungen machte“. Tatsächlich war er durch einen Lungenschuss so schwer verletzt und von der Polizei auf der Straße und im Krankenhaus so schwer zusammengeschlagen worden, dass er überhaupt nichts „gerufen“ haben konnte. Das „Geständnis“ wurde zwei Monate nach der Schießerei von der Anklage während eines Treffens mit Bullen am runden Tisch fabriziert.

Priscilla Durham vom Sicherheitsdienst war die einzige Krankenhausangestellte, die die Lüge der Bullen über das „Geständnis“ stützte. Durhams Stiefbruder Kenneth Pate beeidete 2003, dass Durham sagte, sie sei von den Bullen unter Druck gesetzt worden, auszusagen, dass Mumia gestanden hätte. Pate sagte außerdem, dass Durham Mumia sagen hörte: „Weg von mir, weg von mir, sie versuchen mich umzubringen“.

Mumia Abu-Jamal hat immer kategorisch seine Unschuld bekräftigt. So erklärte er 2001 in einer eidesstattlichen Erklärung: „Ich habe den Polizeibeamten Daniel Faulkner nicht erschossen. Ich hatte mit der Ermordung des Beamten Faulkner nichts zu tun. Ich bin unschuldig… Ich habe nie irgendetwas gestanden, weil ich nichts zu gestehen habe.“

Mobilisiert jetzt für die Freiheit Mumias!

Der Fall von Mumia Abu-Jamal ist ein Lehrbeispiel für die Klassennatur des kapitalistischen Staats. Dessen Justizsystem ist, was Klasse und Rasse betrifft, parteiisch bis ins innerste Mark. Die Bullen und Richter, die diesem unschuldigen Mann eine abgekartete Anklage angehängt haben, das Gefängnissystem, in dem er eingesperrt ist, das Menschen lebendig begräbt, der Henker, der bereitsteht, ihn zu ermorden – dies alles sind Instrumente der organisierten Gewalt, die eingesetzt wird, um die Herrschaft der Kapitalistenklasse durch die gewaltsame Unterdrückung der Arbeiterklasse und der Unterdrückten aufrechtzuerhalten. Forderungen nach einem „neuen Prozess“, die von Liberalen, selbsternannt sozialistischen Organisationen, schwarzen Nationalisten und anderen erhoben werden, haben Illusionen geschürt, dass es in kapitalistischen Gerichten Gerechtigkeit geben könnte. Diese Illusionen demobilisierten eine millionenstarke weltweite Bewegung für die Verteidigung Mumias.

Es ist an der Zeit, den Massenprotest für Mumia – landesweit und international – wieder neu zu entfachen. Freiheit für Mumia wird nicht durch Vertrauen in das manipulierte „Rechts“system oder in kapitalistische Politiker, ob Demokraten, Republikaner oder Grüne, erreicht werden. Die Macht, die das Ruder herumwerfen kann, ist die Macht von Millionen – arbeitende Menschen, antirassistische Jugendliche, Gegner der Todesstrafe –, die im Kampf vereint sind, Freiheit für diesen unschuldigen Mann zu fordern. Für diese Perspektive entscheidend ist die Mobilisierung der Arbeiterbewegung, deren soziale Macht aus ihrer Fähigkeit herrührt, die Produktion lahm zu legen. Wie wir immer erklärt haben, seit wir Mitte der 80er-Jahre die Verteidigung Mumias aufnahmen: Notwendig sind auf die Arbeiterbewegung gestützte Einheitsfrontaktionen, die einen wirkungsvollen Protest einer ganzen Bandbreite politischer Überzeugungen ermöglichen und gleichzeitig sicherstellen, dass alle das Recht haben, ihre Meinung zu vertreten.

Es ist an der Zeit, Mumias Fall zum Schlachtruf gegen die rassistische Todesstrafe, gegen die Unterdrückung der Schwarzen, gegen die Repression durch die Regierung zu erheben. Erhebt eure Stimme, organisiert jetzt in eurer Gewerkschaft, an eurer Uni, in eurer Nachbarschaft und fordert: Freiheit für Mumia Abu-Jamal! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!

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Das KfsV ist eine klassenkämpferische, nichtsektiererische Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung, die sich für die Fälle und Anliegen einsetzt, die im Interesse der Gesamtheit der arbeitenden Menschen sind. Dieser Zweck entspricht den politischen Ansichten der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD).

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Macht den Fall überall bekannt! Kontaktiert das KfsV und besorgt euch die englischsprachige PDC-Broschüre Mumia Abu-Jamal Is an Innocent Man! [Mumia Abu-Jamal ist unschuldig!]. Diese Broschüre ist eine Waffe im Kampf für die Freiheit von Mumia, der als wortgewandter Kämpfer für die Freiheit der Schwarzen bekannt ist und seit fast 24 Jahren unschuldig in der Todeszelle sitzt. Die Broschüre liefert die eindeutigen Beweise, mit denen die abgekartete Anklage vollständig in der Luft zerrissen wird. Sie kostet E 0,50. Bestellt auch den PDC-Button mit der Aufschrift: „Free Mumia Abu-Jamal! Abolish the Racist Death Penalty!“, € 1,– je Button. Bestellt das PDC-Video (als VHS oder DVD) From Death Row, This Is Mumia Abu-Jamal für € 10,–. Verbreitet das vorliegende Flugblatt weiter: Für € 2,– bekommt ihr 25 Exemplare. Bestellt bei, überweist an: Komitee für soziale Verteidigung, c/o Werner Brand, Postfach 21 07 50, 10507 Berlin, Commerzbank Berlin, Konto Nr. 590 109 500, BLZ 100 400 00